Jagd im Kreis Olpe

Der Herbst mit Regen, Nebel und Wind ist der heimischen Jäger liebstes Kind.
Am 1. Oktober beginnt für drei Monate die schönste Jahreszeit für etwa 200 Attendorner Jäger, die in den Jagden des Stadtgebietes ihrer Passion nachgehen. Es ist Erntezeit in den Revieren. Was kann es Schöneres für ein Jägerherz und alle Freunde der Natur geben, als wenn durch unsere Wälder und Täler das Geläut jagender Hunde und die Signale der Jagdhornbläser ertönen?

Schüsseltreiben am Feuer (Foto: Lukas Menke)

Schüsseltreiben am Feuer (Foto: Lukas Menke)


Die gesamte bejagbare Fläche des Stadtgebietes beträgt 8.796 ha. Diese ist aufgeteilt in 14 Eigenjagden (incl. kommunalen und staatlichen) und 13 genossenschaftliche Jagdbezirke. Vorkommende Wildarten sind Rehwild, Hasen, Wildkaninchen, Wildschweine, Füchse, Dachse, Stockenten, Schnepfen, Ringeltauben und Kanadagänse. Hin und wieder kommt aus Gattern entwichenes Damwild vor. In Revieren, die an das Ebbegebirge angrenzen, sind Rothirsche Wechselwild.
In einem Jagdjahr kommen zur Strecke ca. 350 Rehe, 150 Wildschweine, 250 Hasen und Kaninchen, 200 Füchse, 700 Ringeltauben, wenige Dachse, Waschbären, Steinmarder, Iltisse, Enten und Kanadagänse. Die Jagd selbst unterliegt Bundes- und Landesgesetzen und den Unfallverhütungsvorschriften der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft.Das Ehrenschild der Jägerschaft ist jedoch das, was unter den Begriff der Weidgerechtigkeit fällt und dem jagdlichen Brauchtum entspricht. Die Organisation des Ablaufs einer Treibjagd, an der bis zu 50 Personen teilnehmen, ist schon allein aus Sicherheitsgründen Generalstabsarbeit.
Von dem Beständer werden zur Jagd schriftlich die Anstellschützen, Durchgehschützen, Treiber, Hundeführer, Feuermacher und Jagdhornbläser eingeladen. Letztere garantieren auch in Zeiten von Handy und Funkgeräten mit ihren Jagdleitsignalen den reibungslosen Ablauf der Treiben.
Am vereinbarten Treffpunkt blasen die Jagdhornbläser zum Sammeln der Jäger und begrüßen sie mit dem Begrüßungssignal. Es folgt die Begrüßung durch den Beständer. Dieser gibt bekannt, welche Wildarten geschossen werden dürfen, wie viele Treiben in welchen Revierteilen stattfinden, er lädt zum abendlichen Schüsseltreiben ein und benennt den verantwortlichen Jagdleiter des Tages, dessen Anordnungen streng Folge geleistet werden muss.
Der Jagdleiter weist zwingend auf die gesetzlichen Unfallverhütungsvorschriften hin, er achtet darauf, dass Durchgehschützen, Treiber und Hundeführer rote Signalwesten und die Standschützen zumindest ein rotes Signalband am Hut tragen. Danach teilt er die Anstellschützen verschiedenen Gruppen zu, die sich zu ihren durch Flatterband oder Signalfarbe markierten Ständen begeben. Treiber, Hundeführer und Durchgehschützen erhalten Anweisung, wie und wo sie zu treiben haben.
Der Beginn eines Treibens wird ebenfalls durch Jagdhornbläser signalisiert. Hundeführer schnallen ihre Hunde ab, die sofort beginnen, Wild aufzuspüren und mit hellem Geläut zu verfolgen, um den Jägern zu signalisieren, wohin der Hase läuft. Treiber, Durchgehschützen und Hundeführer begeben sich in das Treiben, um ebenfalls Wild aufzuscheuchen.
Mit dem Signal „Hahn in Ruh“ (Aufhören zu schießen) werden die Waffen entladen und die Jäger begeben sich zu einem vereinbarten Sammelpunkt. Es folgt ein zweites Treiben nach den gleichen Ritualen. Danach ist Mittagszeit.
Am Sammelpunkt lodert ein Feuer. Es erschallt das Signal „Zum Essen“. Getränke stehen bereit. Eine kräftige Suppe oder ein Sauerländer Knacker mit Brötchen werden gereicht. Nach einer geziemenden Pause erfolgt ein drittes Treiben.
Am Ende der Jagd wird die Strecke gelegt. Die Jagdbeute wird zunächst versorgt (aufgebrochen, Innereien entfernt) und nach einem strengen Ritual auf Fichtenreiser gelegt. Dem Wild wird die letzte Ehre erwiesen, dergestalt, dass für jede erlegte Wildart ein eigenes Totsignal geblasen wird. Die Erleger von Schalenwild und Fuchs werden namentlich erwähnt, sie erhalten vom Jagdbeständer einen Bruch, das ist ein Zweig Fichten- oder Eichenholz, den sie sich an den Hut stecken und der sie so als erfolgreiche Schützen erkennen lässt. Zum Abschluss des Jagdtages ertönt „Jagd vorbei“ mit dem großen „Halali“ (aus dem Französischen: hal a luy = Hetz auf ihn (den Hirsch)).
WOLL Sauerland: Attendorner Jäger

Attendorner Urgesteine bei der Jagd: U. Ewers, U. Bilsing, M. Köster und R. Heller (Foto: Lukas Menke)


Nach gutem altem Brauch bleiben die Jäger nach einem Jagdtag zum letzten Treiben, dem Schüsseltreiben, noch einige Stunden zusammen. In einer Gaststätte, oder auch im Wald bei einem Feuer, wird zünftig gegessen und getrunken. Runden werden mit einem kräftig gesungenem „Ein Horrido, ein Horrido, ein Weidmannsheil“ aufgelassen. Jagdlieder erklingen, die Bläser demonstrieren, neben den Leit- und Totsignalen weiteres musikalisches Können. Die Vorkommnisse des Tages werden kritisiert. Jägerlatein macht die Runde. Bei besonderen Vorkommnissen tagt ein Jagdgericht. Angeklagt wird, wer im Laufe des Tages gegen Brauchtum und Weidgerechtigkeit verstoßen hat. Vom Beständer wird der Schütze, der mit dem geringstem Patronenverbrauch die höchste Strecke erzielt hat, zum Jagdkönig ernannt.
Zur späten Stunde geht es heimwärts und alle freuen sich schon auf die nächste Treibjagd – Woll?!
von Rudolf Heller [Text], Lukas Menke [Foto]
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