Johannes Lütteke sammelt seit über 50 Jahren historische Fahrzeuge

Wenn man sein ganzes berufliches Leben mit Kraftfahrzeuge zugebracht hat, was bitte soll
einem anderes übrig bleiben, als diese auch zu sammeln? Und hat man dann auch noch ausreichend Platz, fällt die Entscheidung noch viel leichter, das eine oder andere Vehikel z behalten. Sei es auch nur, um es vor der Schrottpresse zu retten.

Johannes Lütteke aus Attendorn hat immer danach gehandelt. Gerade in den 1970er-Jahren, als im Konsumrausch das große Wegwerfen begann, konnte er es oft genug nicht übers Herz bringen, ein noch gut erhaltenes Stück in den Container zu werfen. Mopeds und Motorräder aus der Brot-und-Butter-Fraktion stellte er zur Seite, aber besonders auch die frühen Traktoren, für die damals niemand mehr Verwendung hatte. Heute freilich sieht das ganz anders aus. Und nachdem manche Arbeitsstunde hineingesetzt wurde, erstrahlen die Schlepper von vorgestern im neuen Glanz – was man bei einem Meister, der jahrzehntelang einen Karosserie- und Lackierbetrieb in der Attendorner Stessebetriebe hat, wohl auch gar nicht anders erwarten würde.

WOLL Sauerland "Wo man hinsieht, Sammlerstücke, Raritäten, Kurioses."

Wo man hinsieht, Sammlerstücke, Raritäten, Kurioses.


Wer da aber nun glaubt, die guten Stücke würden nur gewienert und dann weggeschlossen, der irrt gewaltig: der 84-Jährige war erst im September noch mit seinem Hanomag von 1962 in Österreich. Und das nicht irgendwie, sondern auf dem Großglockner, bei der Traktoren-Weltmeisterschaft! Dahin hatte er sich mit seinen Spezis Stephan Kraus, Hubert Hufnagel, Leopold Feldmann und Bernhard Schmidt auf den Weg gemacht, wobei sie die Anreise zwar auf dem LKW des Traktorenmuseums Paderborn absolvierten, die berühmte Alpenstraße aber schön unter die eigenen Räder nahmen. Bei 460 Teilnehmern erreichte Hubertus Hufnagel dann auch noch den dritten Platz in der Gesamtwertung, Stephan Kraus dazu einen dritten in seiner Klasse, aber das ist eine andere Geschichte. Wo man hinsieht, Sammlerstücke, Raritäten und Kurioses.
In der Werkstatt hängen die Fotos von Johannes Lüttekes erstem Auto. Ein einmaliges
Modell. Von 1944 bis 1948 hatte der junge Johannes bei Josef Plugge in Attendorn das Stellmacherhandwerk erlernt. Dazu kam das Fahrgestell eines Wehrmacht-Kübelwagen zum Kriegsende gerade recht, um sich einen feschen Roadster zu dengeln. Gemeinsam mit seinem Freund Hans Herma, der später nach Südwestafrika auswandern sollte, machte man die ersten Spritztouren durch das Biggetal. Wobei man gelegentlich vor der britischen Militärpolizei in Deckung gehen musste, denn das Cabriolet hatte natürlich keine amtliche Zulassung. Gut, dass die Geschichte inzwischen verjährt ist …
WOLL Sauerland "Der Roadster auf dem Fahrgestell eines ehemaligen Kübelwagens der Wehrmacht"

Der Roadster auf dem Fahrgestell eines ehemaligen Kübelwagens der Wehrmacht. Dieses Stück hat leider nicht überlebt.


Die 1950er-Jahre führten über verschiedene Stationen auf die Meisterschule nach
Hamburg, bei Miesen in Bonn wurde an Krankenwagen gespenglert und schließlich
gab es einen Job bei Ford in Köln als technischer Angestellter. Mit Ehefrau Christel gründete er eine Familie, drei Kinder kamen dazu und 1961 machte er sich in Attendorn am Grünen Weg selbstständig, was sich als gar nicht so einfach herausstellen sollte. Der Betrieb in vier Garagen reichte noch nicht aus, ein eigenes Taxi dazu auch nicht, also ging es noch einmal in die Plettenberger Industrie.
Rund um den Bau der Biggetalsperre gab es jedoch Mitte der 1960er-Jahre ein
Strukturförderprogramm, mit dem auch kleinere Betriebe aus den Ortschaften
heraus auf der grünen Wiese angesiedelt werden sollten. So entstand in der Stesse, gegenüber der Firma Kutsch, heute Kirchhoff Automotive, der Karosserie- und Lackier-Betrieb, den Johannes Lütteke bis 1990 erfolgreich führen sollte, um ihn dann an seinen Sohn Christoph zu übergeben.
Das ist nun 23 Jahre her. Und der Sammler, dem man sein Alter nicht ansieht, nahm sich Zeit, um das zu tun, was er schon immer gern getan hat: seine Raritäten in Schwung zu bringen, mit denen er auch heute noch gern mal eine Rund dreht. Wie mit der Triumph von 1949, der NSU Lambretta oder auch dem Traktor, bis auf den Großglockner. Jedenfalls sind es fast alles Vehikel, die einst zum alltäglichen Straßenbild gehörten und heute fast vergessen sind. Aber eben nur fast, weil es Sammler wie Johannes Lütteke gibt.