Die Försterin im Herrenzimmer

Das Regionalforstamt Kurkölnisches Sauerland hat seit 2012 eine Frau im Forst. Als erste Revierleiterin im hiesigen Raum ist Silke Düllmann Allein unter Männern Er heißt Leo und ist ein ungarischer Vorstehhund. Silke Düllmann holte ihn vor zwei Jahren aus dem Tierheim. Mit ihr führt der fünfjahrige Rüde im wahrsten Sinne des Wortes ein richtiges Hundeleben. Denn Silke Düllmann ist Försterin, der Wald ihr Revier und Leo ihr ständiger Begleiter. „Ich habe ihn gerne bei mir. Dann läuft man nicht allzu alleine, hat Gesellschaft und zusätzliche Sicherheit“, erklärt sie. „Das Klischee, dass man kurz nach Sonnenaufgang mit der Flinte auf dem Rücken und dem Hund an der Leine durch den Wald zieht, ist aber längst überholt.“

Seit November letzten Jahres arbeitet Silke Düllmann bei Wald und Holz NRW im Regionalforstamt Kurkölnisches Sauerland mit Sitz in Olpe und betreut den Forstbezirk Welschen Ennest. In ihrer Funktion als Revierleiterin ist sie hier alleine unter Männern. „Das bin ich aufgrund meines beruflichen Werdegangs gewohnt, habe in der Ausbildung keine Probleme damit gehabt und jetzt schon gar nicht“, räumt die 36-Jährige, die das hat, gründlich damit auf, dass der Forstberuf ein reiner Männerberuf ist. In der Tat sind Försterinnen in den deutschen Wäldern bislang gelinde gesagt unterrepräsentiert. Deutschland ist in diesem Bereich ein Entwicklungsland. Der nunmehr 300 Jahre alte Berufsstand steht auch noch im 21. Jahrhundert wie ein Prusseboom für hehre Männlichkeit. In Nordrhein-Westfalen mit seinen 300 Forstbetriebsbezirken beträgt die Försterinnen-Quote lediglich neun Prozent.

Inzwischen setzt sich Wald und Holz NRW aktiv für einen höheren Frauenanteil im Forst ein. „Frauen wirken ausgleichend, können gut organisieren, moderieren und sind förderlich im Team“, weiß Klaus Lomnitz, Leiter des Regionalforstamts Kurkölnisches Sauerland, einem von 14 Regionalforstämtern in Nordrhein-Westfalen.

Der Zuständigkeitsbereich umfasst hier das Gebiet des Kreises Olpe mit seinen sieben Stadten und Gemeinden sowie Staatswaldflächen im Markischen und Oberbergischen Kreis. Summa summarum werden in 23 Forstrevieren rund 54.000 Hektar Wald uberwiegend in Zusammenarbeit mit privaten und kommunalen Waldbesitzern multifunktional bewirtschaftet, wobei die unterschiedlichsten ökonomischen wie ökologischen Interessen von der Holzindustrie über den Tourismus bis zum Naturschutz unter einen Hut gebracht werden wollen. Mit 43.000 Hektar ist das Groß der Flache in privater Hand, organisiert in 35 Forstbetriebsgemeinschaften sowie 57 Waldgenossenschaften, den historischen Waldbesitzformen der alten Olper Jahnschaften.

Unter den hiesigen Revierleitern ist Silke Düllmann die einzige Frau und sie steht damit beispielhaft für neue Chancen des Försterinnenberufs. Alleine in NRW werden in den nächsten zehn Jahren rund 160 Revierforster des gehobenen Forstdienstes in den Ruhestand gehen. Im hoheren Forstdienst gab es zwischen 1992 und 2012 keine Einstellungen, es klafft also eine Lücke von 20 Jahren. „Wer jetzt auf dem Weg ist, hat perfekte Berufsaussichten“, bricht Lomnitz eine Lanze für den Forstberuf im bevölkerungsreichen Bundesland NRW. „Weil es ein guter ist. Der Wald ist wie eine grüne Fabrik, in der Sauerstoff, sauberes Wasser und CO2-Bindung, Dienstleistungen wie Erholung und Naturschutz sowie das Gut Holz als biogener Energieträger und für die verarbeitenden Industrien produziert werden. Und das wie keine andere zu 100 Prozent nachhaltig und ökologisch.“

Silke Düllmann hat ihren Traum vom Forstberuf wahr gemacht. Leo freut´s.

Silke Düllmann hat ihren Traum vom Forstberuf wahr gemacht. Leo freut´s.

Nach dem Abitur absolvierte Silke Düllmann zunächst eine Lehre zur Forstwirtin respektive Waldarbeiterin im Münsterland. „Ich wollte nicht als Revierleiterin im Wald stehen und sagen ,mach mal eben‘, ohne selbst zu wissen, wie schwer die Arbeit ist und was diese abverlangt.“ Als studierte Forstinspektorin ging sie schließlich für acht Jahre in die USA, erwarb den Master in Umweltmanagement und trat in den Dienst des Forest Services in Oregon im pazifischen Nordwesten ein. In dem sogenannten „Biber-Staat“ mit seiner einflussreichen Forstwirtschaft machte sie viele wertvolle Erfahrungen. Nicht nur als „Firefighterin“ im Sommer oder bei der schwierigen Waldarbeit im vier Meter hohen Schnee, sondern auch darin, dass die forstliche Ausbildung in Deutschland sehr viel breiter gefächert ist als in den USA. „Ein klarer Vorteil für die Arbeit der multifunktionalen Forstwirtschaft “, sagt sie.

In ihrem Revier Welschen Ennest mit 1.800 Hektar Waldflache betreut sie vier Forstbetriebsgemeinschaften und fünf Waldgenossenschaften, berat die Eigentümer über mögliche Maßnahmen von der Pflanzung über Kulturpflege bis zur Durchforstung, ist Ideengeberin und entwickelt Lösungs- und Vermarktungsvorschläge. „Eine reizvolle Aufgabe“, findet die Försterin, gerade weil es darum geht, in und mit der Natur zu arbeiten. Dass sie einen Großteil ihres Arbeitstages am liebsten draußen verbringt, versteht sich von selbst. „Das ist schließlich der Reiz. Man unterschätzt jedoch die Zeit, die am Schreibtisch verbracht werden muss“, räumt sie ein. Trotz Handy, robustem Toughbook und Co., die mobil machen. Ihrer Meinung nach gibt es keine Arbeit, die Frau im Forstberuf nicht bewältigen kann. „Natürlich ist die Arbeit körperlich auch anstrengend. Aber was die Kraft nicht hergibt, macht man eben durch Technik wett.“ Silke Düllmann jedenfalls macht ihr Ding – und das mit Begeisterung und Überzeugung. „Es war immer mein Traum, hier Revierleiterin zu werden.“ Einen Jagdschein hat sie übrigens auch. Und dann und wann streift sie durch die Walder mit der Flinte auf dem Rücken und ihrem Hund an ihrer Seite. Die Freude darüber ist jedenfalls nicht zuletzt auf Leos Seite.

von Birgit Engel [Text/Fotos]
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