Bebbingen – ein Dorf ganz Bio

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2 1 Einwohner, fünf Häuser, drei Ställe, zwei Hunde, eine Katze und ein Insektenhotel – das ist Bebbingen. Der kleine Weiler im Wendener Land, nur wenige Meter entfernt von der Kreisgrenze zwischen Gummersbach und Olpe und der Landesgrenze zwischen dem Rheinland und Westfalen, ist ein wahrhaft beschauliches Örtchen. Keine Durchgangsstraße stört die Ruhe inmitten von Wiesen und Wäldern, soweit das Auge reicht. Eigentlich nichts Besonderes hier im Sauerland, möchte man meinen. Besonders in Bebbingen und einzigartig im Kreis ist allerdings, dass die drei ansässigen landwirtschaftlichen Nebener-werbsbetriebe ausnahmslos reine Biohöfe sind. 60 Mutterkühe mit Nachzucht, insgesamt rund 150 Tiere – Blonde d‘ Aquitaine und Limousin – grasen jetzt im Spätsommer in Gruppen aufgeteilt friedlich auf den Weiden. Die insgesamt 120 ha Grünfläche werden im Jahresrhythmus abwechselnd gemäht und beweidet. Im Winter futtern die Tiere, die dann in Offenstallhaltung mit Einstreu leben, Heu-Silage vom eigenen Land.

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Aufstellen zum Familienfoto. Ergebnis: Bestens gelungen!


Vor zehn Jahren hat man in Bebbingen auf Bio umgestellt. „Jeder Hof arbeitet für sich. In Arbeits- und Erntespitzen tun wir uns zusammen“, erzählt Wolfgang Engel. Der Stammbaum seiner Familie lässt sich bis ins 17. Jahrhundert nach Trömbach zu einem gewissen Hans-Wilhelm Engel, geboren 1680, zurückverfolgen. Der Hof in Bebbingen wurde von Anton Engel im Jahr 1782 gebaut. Viele Generationen ernährte die Landwirtschaft die ganze Familie. In den 1970er-Jahren stellte der Vater von Wolfgang Engel, wiederum ein Anton, den Betrieb um und wirtschaftete fortan im Nebenerwerb. Ebenso die anderen Höfe. Die alten Mauern von damals gibt es längst nicht mehr. Geblieben ist ein beeindruckender Ahornbaum, „der älteste seiner Art im weiten Umkreis“, schätzt Wolfgang Engel.
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Gelebte Landwirtschaft. Die Höfe in Bebbingen sind reine Biobetriebe. So wie der von Rainer Engel und Wolfgang Engel.


„Vor 15 Jahren haben wir weiter extensiviert und aufgehört zu melken. Von da war der Schritt zu Bio nicht mehr weit. Mit einem Grünland- und Fleischzuchtbetrieb lässt sich das gut bewältigen“, weiß Wolfgang Engel. Da die Verbraucher vermehrt zu Bioprodukten greifen, ist man gerade als Direktver-markter mit solchen besser aufgestellt als mit konventionellen Produkten. Mit seinem Nachbarn Rainer Engel gründete er eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Bebbinger Landwirte schlossen sich dem Anbauverband Biokreis an, der Erzeuger bei der Produktion und dem Vertrieb von ökologischen Lebensmitteln berät und unterstützt. „Dadurch haben wir neue Vermarktungsmöglichkeiten und -strategien und erzielen auch bessere Preise“, erklärt Rainer Engel. „Wir haben feste langjährige Kunden, die wissen, dass sie hier bestes Fleisch bekommen.“ Die Biobauern stehen voll hinter ihrem Produkt: „Die Qualität kann man sehen. Spätestens im Topf. Es bleibt mehr übrig.“ Ob man sie in jedem Fall auch schmeckt, möchten sie nicht beurteilen. Es fehlt schlichtweg der Vergleich. In Bebbingen hat man nie etwas anderes gegessen.
Die Kälber bleiben acht bis zehn Monate bei der Mutter, sind nicht gedopt und haben Zeit zum Wachsen. „Die Tiere haben ein wunderschönes Leben und keinen Stress bis zu ihrer letzten Minute“, so Wolfgang Engel. Wenn möglich, setzt man in Bebbingen auch gerne auf Tierheilpraktik und bevorzugt sanfte und ursachenbezogene Behandlungsmethoden – mit nachhaltigem Erfolg. Das Fleisch wird in einer nahen Schlachterei portionsgerecht zerlegt: „Kurze Wege spielen natürlich auch eine Rolle.“ Damit schließt sich der Kreis. Die Abnehmer indes kommen aus der weiteren Region und darüber hinaus. Bebbinger Rindfleisch ist nicht nur im Umland beliebt, sondern ebenso in Köln und Frankfurt.
Aber egal, ob bessere Preise oder nicht, und ganz abgesehen davon, dass die Auflagen für Bio-Landwirte hoch sind und auch die Zuschüsse fallen: An Bio würde man in Bebbingen in jedem Fall festhalten. Ungeachtet aller Siegel ist hier diese Art der Landwirtschaft eine Lebenseinstellung: viel mehr als das Abschöpfen der Ressourcen und ein Unternehmen, das rein kalkulatorisch seine Ziele verfolgt. Über Jahrhunderte hat man mit und von der Natur gelebt und fühlt sich dem Kreislauf von Ursache und Wirkung und damit den Tieren und dem Land, auf dem man lebt, verpflichtet. Der Hof ist wie ein weiteres Familienmitglied.
In Bebbingen ist die Welt also noch in Ordnung und Stress im Stall ein Fremdwort. Halt! Im Sommer eines jeden Jahres füllt sich das Winterquartier der 60 Mutterkühe der Engel GbR mit menschlichem Leben und verbreitet seinen ursprünglichen, elementaren Charme für ein generationsübergreifendes Fest. Der DJ sitzt in der Futterraufe, die Strohballen dienen als Theke, landwirtschaftliche Geräte werden zu Mobiliar und Dekoration. Es ist Stallalarm! Mehrere Hundert Gäste kommen zu dem ländlichen Vergnügen – bis die Morgendämmerung über das Land zieht und in Bebbingen wieder die Ruhe einkehrt.
von Birgit Engel [Text], Birgit Engel [Foto]
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