Wegeringhauser Eisenbahntunnel

WOLL Sauerland Fledermaustunnel

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Ließ sich beim ersten Tunneleröffnungsfest auch blicken. (Bild: Regine Rottwinkel)


Sie ist nicht unbedingt hübsch, eher etwas gruselig – zumindest auf den ersten Blick –, mit ihren enormen echoortenden Fähigkeiten aber unbedingt geheimnisvoll. Für ihr schlechtes Image hingegen haben Mythen von der Antike bis nach Hollywood gesorgt. Indes macht sich das einzige fliegende Säugetier der Welt, die Rede ist von der Fledermaus, gerne rar, flattert nahezu lautlos durch den sommerlichen Nachthimmel und hängt im Winter im wahrsten Sinne des Wortes einfach ab.
So wie in dem mehr als 100 Jahre alten „Wegeringhauser Eisenbahntunnel“ in Hützemert. Nachdem er über 30 Jahre lang für die Menschheit brach lag, hauchte man ihm ein neues Leben ein: Seit letztem Sommer wird er als Rad- und Wanderweg genutzt. Von November bis April ist er geschlossen und komfortabler Gastgeber für die „Microchiroptera“, oder, was doch viel liebenswerter klingt, den „Pipistrello“.
„Es gibt nur noch wenige geeignete Quartiere für Fledermäuse. Der Tunnel ist im weiten Umkreis ein wichtiger Punkt“, weiß Antonius Klein von der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Olpe, auch wenn die Fledermauspopulation im Vergleich zum bekannten Fledermaustunnel in Eslohe-Kückelheim – hier zählt man im dreistelligen Bereich – sehr viel geringer ist. So war man dann gespannt, wie sich das erste touristische Betriebsjahr im Wegeringhauser Tunnel auf die Artenzusammensetzung und die Anzahl der bedrohten und streng geschützten Nachtschwärmer ausgewirkt hat. Ende Februar machten sich Fachleute auf, die Fledermausaktivitäten zu erfassen. Ergebnis: 42 Exemplare wurden gezählt. Der Fransenfledermaus, der Bartfledermaus, der Wasserfledermaus, dem Braunen Langohr und dem Großen Mausohr geht es also gut und sie sind auf dem Sprung: Ab in das pralle Leben, in dem sie in nur einer Nacht Tausende von Insekten vertilgen, beliebtes Beobachtungsobjekt von Naturliebhabern sind und dem einen oder anderen ein schauriges (schönes) Gefühl bescheren.
WOLL Sauerland Bahnhof Hützemert

Der alte, denkmalgeschützte Bahnhof in Hützemert wird zur einladenden Station für Bürger, Fahrradfahrer und Wanderer. Das Konzept schließt auch den auf einem Gleisrest stehenden Waggon ein. Ende 2014 will man mit dem Umbau fertig sein.


Während die Fransenfledermaus und ihre Artgenossen ihr Winterquartier so langsam verlassen, bereiten sich die Hützemerter auf eine weitere Saison im Tunnel vor. Mit 724 Metern ist er der längste Radwegetunnel in Nordrhein-Westfalen und der zweitlängste in Deutschland überhaupt, überwindet dabei Grenzen und verbindet Welten: Er ist essenzieller Lückenschluss im noch jungen Bergischen Panorama-Radweg, ist Nahtstelle zwischen den Naturparks Bergisches Land und Ebbegebirge und vor allem führt er die Menschen aus Rheinland und Sauerland zusammen. „Was seit über 100 Jahren auf der Schiene bestanden hat, wird nun auf anderem Wege erlebbar“, freut sich Drolshagens Bürgermeister Theo Hilchenbach. Über die Frage, wer denn nun hinter und wer vor dem Tunnel wohnt, darüber scheiden sich seit jeher die Geister – ein gern gelebter Zwist mit kleinem Augenzwinkern und einer guten Portion Lokalkolorit.
Wie dem auch sei: In Sachen Tunnel ist buchstäblich der Weg das Ziel. „Er ist das Highlight des Radweges. Eine touristische Attraktion mit Alleinstellungsmerkmal und Erhaltung von altem Kulturgut“, betont Christoph Lütticke, Fachbereichsleiter für Wohnen, Planen und Bauen der Stadt Drolshagen.
Am 11. Februar 1903 wurde der Wegeringhauser Tunnel feierlich eingeweiht. Die Bahnlinie von Bergneustadt über Drolshagen nach Olpe selbst wurde am 1. September 1903 eröffnet. Über zwei Jahre dauerten damals die Arbeiten an dem Tunnel, der 50 Meter unter der Ortslage von Wegeringhausen das mit Abstand aufwendigste Bauwerk der Strecke ist und die Wasserscheide von Agger und Bigge unterquert. Hunderte von Fremdarbeitern wurden angeworben. Viele von ihnen waren Italiener – einige von ihnen blieben dem Sauerland treu und fanden hier eine neue Heimat. So die Familie Osta oder auch die Tomasettis, deren Name heute im örtlichen Telefonbuch keine Seltenheit ist. In den 1970er-Jahren wurde der Bahnbetrieb eingestellt.
WOLL Sauerland Fledermaustunnel

Der Eisenbahntunnel vor seiner Eröffnung 1903. (Bild: Felix Stahlhacke)


Insgesamt 785.000 Euro wurden jetzt von „Straßen NRW“ für eine Sanierung des Mauerwerks, eine neue Entwässerung, für Beleuchtung, Notrufeinrichtungen, Tore sowie Nistunter-künfte für Fledermäuse in den Tunnel investiert. Sein herkömmliches Erscheinungsbild hat er dabei weitgehend behalten. Anstelle der Gleise findet sich eine asphaltierte Trasse, die dazu einlädt, die geschichtsträchtige Röhre und die Welt davor und dahinter zu entdecken – per Pedes oder per Rad.
Der 133 Kilometer lange Bergische Panorama-Radweg trifft im Übrigen am Schwimmbad in Olpe auf den Ruhr-Sieg-Radweg. Im Westen kreuzt er in Wermelskirchen die Balkantrasse, später den Radweg Niederbergbahn, alles Teile des rund 300 Kilometer langen (teilweise sich noch im Bau befindenden) Panorama-Radroutennetzes, das in weiten Strecken über stillgelegte Bahntrassen führt.
Unweit des Tunnels befindet sich in Hützemert das einzige noch bestehende Bahnhofsgebäude auf dem Gebiet der Stadt Drolshagen. Der Radweg führt hier direkt über das ehemalige Gleis 2. Der Dorfverein Hützemert hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Stück Erinnerung neu zu beleben. Rückenwind kommt dabei von der Stadt Drolshagen sowie der Regionale 2013. Mit Fördergeldern, viel Eigenengagement und Muskelkraft wird das Bauwerk unter Bewahrung seines historischen Gewandes für rund eine halbe Million Euro bis Ende 2014 zu einer modernen multifunktionalen (Rast-) Stätte für Bürger und Erholungssuchende, an der sich Vergangenheit und Gegenwart treffen.
Also: Einfach mal losradeln oder mit www.panorama-radwege.bahntrassenradeln.de eine erlebnisreiche Tour planen, um interessante Orte, Land und Leute neu zu entdecken.
Text: Birgit Engel
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