101 Jahre unter Strom

Agnes Grosche aus Wiemeringhausen hat viel zu erzählen

Als der erste Strom ins Sauerland kam, hat es nicht mehr lange gedauert, bis die neue Technik auch in privaten Haushalten Einzug hielt. Elektrische Geräte, die das Leben einfacher und schöner machten, wurden auch bei uns im Sauerland zum Renner; zunächst eher zögerlich, aber dann irgendwann nicht mehr aufzuhalten. Eine Frau aus Wiemeringhausen kann sich noch gut erinnern…

Agnes Grosche wurde kürzlich 101 Jahre alt. Ihr Leben fand größtenteils auf dem Bauernhof statt, auf dem sie nun als „Oma Agnes“ mit vier Generationen lebt. Die Hände zeugen von jahrzehntelanger, harter Arbeit, aber ihr Geist ist klar wie einst. Wir wollten uns daher von ihr berichten lassen, wie das damals war mit dem Strom und den elektrischen Geräten? „Ich erinnere mich noch gut“, beginnt sie. „Es fing damit an, dass wir elektrisches Licht hatten. Das war ein kleiner Luxus für uns. In der guten Stube hatten wir eine Birne mit 25 Watt. Sicherlich kein Vergleich zu heute, dennoch heller als Kerzenschein oder mit Petroleumlaterne. Ich habe als junge Mutter abends gern gestrickt und war damit zeitlich etwas unabhängiger. Das war jedoch ein teures Vergnügen, deshalb schaltete man das Licht immer mal nur für ein Stündchen an. Man ging ja auch viel früher zu Bett!“

Moderne Zeiten auf dem Hof und im Haushalt

Natürlich blieb es nicht beim Licht allein. Moderne Zeiten hielten sowohl auf dem Hof als auch im Haushalt Einzug. „Das erste elektrische Gerät, das wir angeschafft haben, war eine Milchzentrifuge“, weiß sie noch, und nach und nach fällt ihr alles wieder ein. „Natürlich hatten wir ein Radio und auch einen der ersten Fernseher im Dorf – wir waren immer sehr fortschrittlich. Als wir 1959 aus der Ortsmitte in unser neues Haus oberhalb von Wiemeringhausen gezogen sind, haben wir uns einen dieser neuen Kühlschränke gegönnt. Mit der Zeit kamen zum Beispiel ein elektrischer Herd, ein Bügeleisen und eine Waschmaschine hinzu – eine enorme Erleichterung bei der Hausarbeit.“ Inzwischen geht es weniger um Arbeit, sondern mehr ums Wohlergehen. „Mein Rücken macht mir oft Ärger, und manchmal schläft mir der Fuß ein“, berichtet sie. „Dagegen hilft mein elektrisches Heizkissen, das fast täglich zum Einsatz kommt.“

Staubsaugen früher und heute

Sohn Friederich bringt den alten, schweren Staubsauger ins Gespräch. „Stimmt, den haben wir recht früh gekauft, und er hat ewig gehalten“, lacht Agnes Grosche, und sie zeigt dann auf ein Eckchen in ihrem Zimmer. „Jetzt schauen sie sich mal mein modernes Gegenstück an!“ Und richtig, dort hängt einer dieser neuartigen Stabstaubsauger ohne Beutel. Da geht wohl eine Frau mit der Zeit?

Digital aufgestellt – mit 90 ging’s los

Doch diese Frage stellt sich im Prinzip gar nicht, denn schon als wir ins Zimmer kamen, bot sich uns ein recht außergewöhnliches Bild: Agnes Grosche saß gemütlich in ihrem Fernsehsessel und spielte auf ihrem Tablet Solitaire. Neben ihr liegt ein aktuelles Smartphone. „Ich hab immer gern Karten gelegt, Doppelkopf gedroschen oder gepuzzelt“, verrät sie. Heutzutage mache ich so was mit meinen APPs. So habe ich immer was zu tun und nie Langeweile, auch wenn ich körperlich nicht mehr so fit bin wie früher“, sagt sie und schmunzelt.

Agnes Grosche weiß, dass solch ein unerschrockener Umgang mit den digitalen Medien ungewöhnlich ist für ältere Menschen, die deshalb auf die Freuden von Internet, E-Mail, WhatsApp & Co. verzichten müssen. Aber sie selbst war immer eine aufgeschlossene Frau. Als ihr Enkel ihr zum 90. Geburtstag einen Laptop schenkte, hat sie sich die Chance auf die bequeme Unterhaltung vom Sofa aus nicht entgehen lassen und nun sichtlich Freude an den neuen Geräten. Wie gut, dass der Strom heutzutage definitiv bezahlbarer ist!