"Wer turnt, braucht kein Fitnessstudio"

Foto: Klaus-Peter Kappest

Junge Männerriege beim TV Gleidorf setzt lange Tradition fort

Mit dem Turnen fing und fängt in Sachen Sport alles an. Anfang des 19 Jahrhunderts legten die Pioniere um Turnvater Jahn mit der damaligen Leibesertüchtigung den Grundstein für Sport in Deutschland überhaupt, heute beginnt im Allgemeinen eine Sportlerlaufbahn mit dem Eltern-Kind-Turnen im Kleinkindalter.
So ist es auch beim TV Gleidorf. Der Verein aus dem Schmallenberger Vorort stellt im Zusammenschluss mit Langenei die einzige Männerleistungsriege im Hochsauerland. Sie ist in der überregionalen Verbandsliga aktiv. Die Wettkämpfe führen die Männer bis ins Münsterland oder kurz vor Bielefeld. Der Schmallenberger Verein ist Mitglied im Bezirk Olpe des Siegerländer Turngaus; daher bestanden schon immer gute Kontakte Richtung Lennestadt-Langenei. Dass eine Gemeinschaft gebildet wird, gehört beim Männer-Turnen im Ligabetrieb mittlerweile zum Alltag. Hier wird das klassische Geräteturnen aus einem Sechskampf in den Disziplinen Boden, Pauschenpferd, Ringe, Sprung, Barren und Reck ausgeführt. „Pro Disziplin treten vier Turner an. In das Gesamtergebnis fließen drei Wertungen ein. Das heißt, dass es ein Streichergebnis gibt“, erklärt der TV-Vorsitzende Martin Wolf.
Das Turnen hat in dem Verein von 1895 eine lange Tradition. Für Trainer Helmut Christmann ist der TV Gleidorf ein Stück Familiengeschichte. „Mein Großvater hat den Verein damals mitbegründet“, sagt der erfahrene Coach, der sich auch mit fast 80 noch um die Leistungsriege der Männer kümmert. „Er war, als ich mit 14 nach Gleidorf kam, auch schon mein Trainer“, so der Vorsitzende Wolf. Ein weiteres Original des Vereins ist Waldemar Schauerte, der bis Anfang 2018 über 50 Jahre im Vorstand aktiv war. Gleidorfer Turner waren in den vielen Jahren immer wieder erfolgreich. Als Verein gelangte man bis in die Oberliga. Einzelne Sportler schafften es aus dem Sauerland bis in die Bundesliga.

Gesunde Mischung aus Alt und Jung

Beim TV Gleidorf herrscht eine gesunde Mischung aus Alt und Jung. In der Leistungsriege in der Verbandsliga sind die Turner um die 20 Jahre alt. Ruben Kurzawa ist einer von ihnen. Er studiert in Steinfurt, ist aber, wenn möglich, zum Training im Sauerland: „Turnen muss man trainieren, weil es sehr vielschichtig ist“, sagt der 22-jährige Schmallenberger. Während Kurzawa über seine ältere Schwester zum Turnen kam, war es bei Daniel Kaiser (23) sein Bruder Florian, der ein Jahr vor ihm angefangen hat. Beide sind heute Stützen der Riege. Jeder Turner hat seine Vorlieben an den sechs Geräten. Daniel Kaiser beispielsweise hegt eine „Hassliebe“ zum Pferd: „Es ist ein schmaler Grat zwischen Durchkommen und Wegfallen.“ Der 18-jährige Jannick Wüllner aus Saalhausen verstärkt von der Langeneier Seite aus die Turngemeinschaft. Im Jugendalter trat er bereits beim Deutschlandcup in Delitzsch bei Leipzig an. „Das war eine andere Hausnummer“, sagt Wüllner, der fast gar nicht zum Turnen gekommen wäre: „Ein Freund hatte mich mit acht Jahren mitgenommen. Er hat nach zwei Wochen wieder aufgehört. Ich bin dabeigeblieben.“ Wie eigentlich alle Turner in Gleidorf trat auch er damals als Minikicker gegen das runde Leder. „Fußball hat mir aber keinen Bock gemacht.“
Die jungen Männer schätzen die Gemeinschaft und das familiäre Umfeld beim TV Gleidorf und in ihrem Sport generell. Der Verein mit seinen rund 460 Mitgliedern, von denen 120 Kinder sind, setzt auch immer darauf, bei den Großereignissen präsent zu sein. „Das Deutsche Turnfest ist unser Highlight. 2017 war das in Berlin“, sagt Wolf. Der Vorsitzende betont weiter: „Wer turnt, braucht kein Fitnessstudio.“ Denn die unterschiedlichen Übungen und Geräte sind alle anspruchsvoll. Einer, der es auch so sieht, ist der 22-jährige Roland Harnacke. Für die Leistungsriege reicht es bei ihm bislang nicht, aber er ist jedes Training mit Feuereifer dabei und trainiert auch eine Kindergruppe: „Es macht einfach Spaß.“
von Philip Stallmeister