E-Mobilität im Sauerland

Foto: Hermann-J. Hoffe

Mit Elektrofahrzeugen unterwegs im Land der tausend Berge

In der öffentlichen Diskussion steht das Thema „ E-Mobilität“ ganz oben auf der Agenda. Die politisch gesteckten Ziele sind hoch, die Forderungen aus weiten Kreisen der Gesellschaft, den Einsatz von E-Autos zu fördern, sind nicht zu überhören. Und nicht wenige Menschen sehen in den Elektrofahrzeugen die Zukunft. Wie sieht es nun aktuell hier bei uns im hügeligen Sauerland aus? Wo sind E-Autos im Einsatz? Wie sind die Erfahrungen der Besitzer damit? Wie kommen die elektrobetriebenen Fahrzeuge mit dem steten Auf und Ab bei uns zurecht? Diese und viele andere Fragen bewegen die Menschen. Wir haben Fahrer und Fachleute getroffen und ihre Meinung eingeholt.
Autoexperte Arndt Brunnert: „Ein Elektroauto hat dann ökologisch Vorteile, wenn es mit regenerativer Energie aufgetankt wird.“
Vermutlich hat man sie schon einmal gehört, die Stimme von Arndt Brunnert aus Brabecke. Seit 2009 leitet er das WDRBüro in Arnsberg. Und außer mit den Themen aus unserer Region beschäftigt er sich für alle WDR-Programme mit Geschichten rund um das Auto, den Verkehr und die Menschen, die beides nutzen oder damit ihr Geld verdienen. Grund genug, um den anerkannten Autoexperten zur E-Mobilität zu befragen.
WOLL: Es war mal die Rede davon, dass 2020 über eine Millionn E-Autos auf unseren Straßen fahren werden. Wie sieht es aktuell aus
Arnd Brunnert: Aktuell sieht es eher bescheiden aus. Anfang 2017 fuhren in Deutschland rund 34.000 reine Elektroautos. Im vergangenen Jahr wurden dann rund 25.000 Neue zugelassen plus etwa 30.000 Plug-In-Hybride, die auch an einer Steckdose aufgeladen werden können. Wir sind also meilenweit von einer Million entfernt. Das werden wir bis 2020 nicht erreichen.
WOLL: Auch auf den Sauerländer Straßen sind nur sporadisch E-Autos zu entdecken und ein flächendeckendes Netz mit Ladestationen scheint es auch nicht zu geben. Wir beurteilen Sie die aktuelle Situation?
Arnd Brunnert: Was von Anfang an falsch gemacht worden ist, war der schleppende Ausbau der Ladeinfrastruktur. Da hätte man viel früher und intensiver investieren müssen. Auch mit öffentlichen Mitteln, denn am Anfang ist da kein Geld zu verdienen. Außerdem haben die meisten Autohersteller in puncto Forschung und Entwicklung viel zu lange gezögert. Bis heute gibt es zum Beispiel nur sehr wenige preiswerte kleine E-Autos.
WOLL: Wie ökologisch ist ein E-Auto eigentlich wirklich?
Arndt Brunnert: Grundsätzlich gilt: Ein Elektroauto hat im Betrieb nur dann ökologische
Vorteile, wenn es mit regenerativer Energie betankt wird. Beim aktuellen Strommix mit viel Kohlestrom ist ein E-Auto hinsichtlich der Emissionen nicht sauberer als ein kleiner Benziner.
WOLL: Hat das E-Auto in den Sauerländer Bergen eine Chance?
Arndt Brunnert: Ja, auf jeden Fall. Man hat hier häufig die eigene Garage zum Aufladen. Und weil viele hier einen Zweitwagen brauchen, ist ein E-Auto als Pendlerauto gut denkbar. Da reichen die aktuellen Reichweiten meist locker aus – auch bei Schnee und dem steten Rauf und Runter. Die fortschreitende technologische Entwicklung bei den Batterien wird für bessere Reichweiten und mehr Effizienz sorgen. Was den Unterhalt angeht, sind E-Autos meist jetzt schon günstiger. Weniger Teile, weniger Verschleiß, die Wartung ist einfacher. Dem Elektroauto gehört die Zukunft. Elektromotoren sind viel effizienter als Benzinmotoren. Viel mehr der eingesetzten Energie kommt auch an den Rädern an. Bald werden sie auch beim Kaufpreis konkurrenzfähig sein. Aber es gibt auch Probleme. Zum Beispiel bei den Rohstoffen für die Batterien. Manche Rohstoffe sind selten, teuer und werden mit zweifelhaften Methoden gefördert. Und: Gibt es mehr Elektroautos, muss natürlich auch mehr Öko-Strom erzeugt werden.
WOLL: Geben Sie mal eine Prognose ab über die E-Mobilität in 10 Jahren.

Arndt Brunnert: Wir werden einen Mix aus unterschiedlichen Antriebsarten haben. Die meisten Autos werden Hybride sein, mit Elektro- und Benzinmotor. Es wird vor allem aber auch mehr reine Elektroautos geben, besonders bei kleineren Fahrzeugklassen. Dort wird der Diesel verschwinden, denn bei Kleinwagen ist er zu teuer und zu aufwendig zu reinigen. Tot ist er aber noch nicht. Um den Verbrauch der großen Autos in Grenzen zu halten, braucht vor allem die deutsche Autoindustrie den Dieselmotor. Technisch kann er dort ja auch effizient gereinigt werden. Dass das auch passiert, muss der Staat nur strenger kontrollieren.
WOLL: Auf was sollte man beim Kauf eines E-Autos unbedingt achten?
Arndt Brunnert: Wer ein Elektroauto kaufen will, muss wissen, dass er sich auf etwas Neues einlässt und dass er viel Zeit braucht, um sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Grundsätzlich gelten die Fragen, die bei jedem Autokauf wichtig sind: Wofür brauche ich das Auto? Was bin ich bereit, für saubere Mobilität zu zahlen? Preise und Kosten vergleichen und natürlich eine Probefahrt vereinbaren – wobei das in unserer Region nicht so einfach ist. Neutrale Testberichte können helfen. Und wer bei der begrenzten Modellauswahl derzeit nichts findet, kann ruhig warten. In naher Zukunft wird es mehr Modelle mit neuerer Technik geben.
von Hermann-J. Hoffe