Einmal Löwe, immer Löwe: "Der TTC Gellinghausen ist wie eine große Familie"

Foto: Nicola Collas

Der Tischtennis-Club Gellinghausen hat ein eigenes Vereinslied: Das Lied der Gellinghauser Löwen. „Wer hat die Welt so schön gemacht, wer hat das Tischtennis erdacht“, heißt es im Text. Und im Refrain: „An grüner Platte kämpfen wir für unser weiß und blau Panier. Heide-wipp, heide-wipp, heide-wipp, heide-wipp-hurraaa, die Gellinghauser Löwen sind wieder da.“ In der vereinseigenen Halle prangt an der Wand ein riesiger Löwenkopf, darunter steht „Einmal Löwe, immer Löwe.“ Das ist das Motto der aktuell 70 Mitglieder des TTC.

Der Nachwuchs und zwei fitte Urgesteine

Dienstag Abend, 18:30 Uhr in der Tischtennishalle des TTC Gellinghausen. Die Kinder und Jugendlichen des Vereins trainieren. Sie spielen gegeneinander, spielen gegen Erwachsene oder trainieren mit einer Ballmaschine. Nach und nach trudeln die Spieler der 1. Mannschaft ein, auch für sie ist dienstags abends Training. Darunter ist auch Günter Hoppe, der als Spieler die glorreichen Zeiten des TTC miterlebt hat und auch heute noch für die 1. Herrenmannschaft spielt. Die 74 Jahre merkt man ihm nicht an. „Tischtennis hält mich körperlich fit“, sagt er. „Und auch hier oben bleibe ich fit“, zeigt er auf seine Stirn. „Beim Tischtennis muss man blitzschnell reagieren und in Sekunden entscheiden, was man mit dem Ball anfängt, der auf einen zu kommt. Da ist man immer gefordert.“ Die Tür geht auf und der wohl erfolgreichste Spieler des Vereins aller Zeiten kommt herein, Bruno Knipschild. Von 1955 bis Anfang der 70er Jahre spielte der heute 76-jährige für den TTC Gellinghausen. Höhepunkt seiner Karriere war bei den Deutschen Tischtennismeisterschaften der dritte Platz im Einzel und der Sieg im Doppel. Für WOLL ist er extra zum Training gekommen, um zusammen mit Günther Hoppe über die schönen alten und vor allem erfolgreichen Zeiten zu sprechen.

Als Schalke vor Gellinghausen Angst hatte…

Urkunden, Pokale und Fotos in der Vereinshalle erinnern an die großen Erfolge. Die Herren spielten zu Hochzeiten in der Verbandsliga. Gegner waren Mannschaften wie Remscheid oder Wuppertal. „Da kam es schon mal vor, dass wir morgens in Remscheid ran mussten und nachmittags in Wuppertal. So brauchten wir nicht zwei Mal so weit zu fahren“, erinnert sich Bruno Knipschild. Sofort fällt Günther Hoppe eine Anekdote dazu ein: „Wir hatten damals nur ein Trikot. Das war nach dem Spiel morgens in Remscheid klitschnass geschwitzt und nachmittags in Wuppertal haben wir das wieder angezogen.“ Auch die Fahrten zu den Spielen waren oft ein Abenteuer. Da die meisten Spieler damals kein Auto hatten, wurden sie von Unternehmern aus der Region zu den Spielen kutschiert. So zum Beispiel vom Installateur Schmidt aus Bödefeld oder vom Anstreicher Klauke aus Westernbödefeld. Bruno Knipschild erinnert sich aber auch noch daran, dass die Spieler in den Anfängen teilweise zu Auswärtsspielen zu Fuß liefen, so zum Beispiel nach Fredeburg. Die Tischtennisfrauen des Vereins spielten Ende der 50er Jahre noch höher als die Herren. Das Team um Rita Gördes musste in der Oberliga teilweise nach Kiel oder München reisen. Sonntags morgens hieß es dann auch schon mal TTC Gellinghausen gegen Alemannia Aachen. Das knapp 120 Einwohner- Dorf gegen die damals über 100 000 Einwohner große Stadt Aachen. „Trotzdem haben die uns ernst genommen“, erzählt Hoppe. „Wir waren bei den Herren und Frauen damals gefürchtet.“ Das beweist auch eine Schlagzeile in der heimischen Westfalenpost aus dem Jahr 1988. „Schalke hat Angst vor dem TTC Gellinghausen“, war da zu lesen. Hintergrund: In der Relegation zum Aufstieg in die Bezirksliga hätte Schalke gegen Gellinghausen spielen müssen. Der Verein aus Gelsenkirchen sagte jedoch mit der Begründung ab, der TTC Gellinghausen habe im westdeutschen Tischtennis immer noch einen so guten Namen, dass Schalke gern auf das Spiel verzichte.

In der Höhle der Löwen

Dass Gellinghausen auf ewig als erfolgreiches Tischtennis-Dorf gehandelt wird, liegt am früheren Volksschullehrer Manfred Stich. Der machte in den 50er Jahren das Tischtennis im Dorf populär. Stich überlegte damals, was er den Kindern sportlich bieten könnte. Fußball war ein Thema, aber die Landwirte wollten bzw. konnten keine Wiesen dafür hergeben. Der Lehrer wollte es dann mit Tischtennis versuchen. Die Gellinghauser sammelten und verkauften Waldbeeren, von deren Erlös in der Volksschule eine Tischtennisplatte gebaut werden konnte. „Da wurden die Bänke hoch gestellt und dann wurde gespielt“, erinnert sich Günther Hoppe. Lehrer Stich entdeckte z.B. das Talent von Bruno Knipschild und der Verein „nahm richtig Fahrt auf“. Irgendwann reichte eine Platte nicht mehr aus und die Spieler mussten zwischenzeitlich auf die Schützenhalle in Bödefeld ausweichen. Bis 1959 die Halle in Gellinghausen gebaut wurde. Diese Spielstätte hat definitiv einen besonderen Charme. Während andere Vereine in großen Turnhallen von Schulen spielen, empfängt der TTC seine Gegner in seiner eigenen Halle, die ein bisschen was von einer gemütlichen Schützenhalle hat. „Unsere Halle ist klein. Wir stehen hier mit den Gegnern hinter der Theke und gucken uns die Spiele an. Dann der Holzboden – so etwas findet man heutzutage überhaupt nicht mehr. Das ist für mich schon ein besonderes Flair“, schwärmt Rudolf Schramm, die aktuelle Nummer 1 der TTC-Herren. Gegner heute sind Werl, Medebach, Oeventrop oder Fredeburg. „Wenn es im Lokalderby gegen den TV Fredeburg geht, ist das ein bisschen wie Dortmund gegen Schalke“, erzählt er. Auch wenn die Glanzzeiten des TTC Jahre her sind, hören Rudolf Schramm und die anderen immer wieder gerne die alten Geschichten, die Bruno Knipschild und Günther Hoppe als Aktive miterlebt haben. Auch das ist etwas, das den Verein zu etwas Besonderem macht: beim Bierchen nach dem Training oder nach dem Spiel in alten Zeiten schwelgen oder über Aktuelles diskutieren. Denn wie heißt es so schön beim TTC Gellinghausen? „Einmal Löwe, immer Löwe!“
von Nicola Collas