Das Literaturland Sauerland

Foto: Patrick Feldmann und Herbert Somplatzki

Literaturland Sauerland? Zwischen Tourismusregion und florierendem Mittelstand, zwischen tausend Bergen, Tälern und Seen tut sich längst auch literarisch etwas! Anfang August war der WOLL-Verlag Gastgeber der ersten beiden „Sauerländer Literaturabende“ im historischen Rittersaal der Burg Altena, und wer einer der zahlreich erschienenen Gäste gewesen ist, der weiß, wie vielfältig sich das Literaturland Sauerland mittlerweile präsentiert. Das nahm auch Bestseller-Autor Peter Prange, der seine Heimatstadt Altena zum Ort der Handlung seines neuen Romans Unsere wunderbaren Jahre gemacht hat, als Gast mit Freude zur Kenntnis.

Wie Prange lauschte das Publikum gebannt, als der Schmallenberger Autor und Künstler Herbert Somplatzki, der als einer von Millionen Flüchtlingen, die im Zuge des Zweiten Weltkrieges in Deutschland eine neue Heimat fanden, zum „angelernten Westfalen“ wurde, aus seinem Leben und Schaffen erzählte. „Geschichten gegen das Vergessen“ will er erzählen, Wortbrücken schaffen, um „Begegnungen über Grenzen“ hinweg zu ermöglichen. Es war ein eindrucksvolles Zeugnis der Kraft, die Literatur gewinnen kann. Sauerländer Literatur, das ist auch das unbeschwerte Lachen, zu dem einen die Bücher eines Michael Martin oder Rainer Hänsch hinreißen, oder das wohlige Gefühl einer Gänsehaut, die sich bei Ausgelöscht, dem neuesten Krimi aus der Feder Dirk Zandeckis, im Nacken bildet.

Welche Geschichten im Sauerland von Generation an Generation weitererzählt werden, haben Michael Martin und Karin Hessmann erfahren und in Wort und Bild gefasst. Sie waren auf den Spuren der Sauerländer Mythen und Sagen unterwegs und haben die Sauerländer Sagenschätze gehoben. Damit setzen sie in der Moderne fort, was Heimatforscher und Sagensucher wie Friedrich Albert Groeteken vor hundert und mehr Jahren in der Nachfolge der Gebrüder Grimm begonnen haben. Das Land der tausend Berge ist eben auch ein Land der tausend Sagen, die nun im sprachlich frischen und visuell aufbereiteten Gewand zum „Betrachten, Schmökern und Nachlesen“ einladen.

Wer sich im Sauerland zum Schreiben berufen fühlt, dem eröffnen sich beinahe alle Möglichkeiten! Mit der Christine-Koch-Gesellschaft gibt es eine etablierte Literaturgesellschaft, die sich zurzeit inmitten eines Prozesses befindet, der junge Kräfte und frischen Wind mit sich bringt und den Weg in die Zukunft weist. Und dass man mit dem WOLL-Verlag die für eine literarische Veröffentlichung vielleicht wichtigste Institution praktisch vor der Haustür hat, haben schon einige Autoren schätzen gelernt. Dass der international bekannte und in Eslohe beheimatete Künstler Thomas Jessen seine Werkschau All das! im Verlag seiner Heimat veröffentlicht hat, spricht für sich. Auch der Maler Jessen erzählt viel „zwischen den Zeilen“, ist also von einem Literaten gar nicht so weit entfernt, wie man vielleicht meinen könnte. Und wie gut das Prinzip des WOLL-Selbstverlags funktioniert, beweist die jüngste Veröffentlichung der Lyrikerin Angelika Werth, deren zweite Gedicht-Anthologie Bevor die Dämmerung den Zauber bricht eben dort erschienen ist.

Sie sehen, das Literaturland Sauerland hat ein abwechslungsreiches topographisches Profil. Ob Autoren, Verlag oder literarische Gesellschaft: Hier zeigt sich, dass unsere Region nicht nur lebens-, sondern ebenso schreibens- wie lesenswert ist. Da mag noch einiges kommen, das im Sauerland und darüber hinaus bewegt, weil es in Wörtern und zwischen Zeilen das Leben und die Menschen spüren lässt. Das Sauerländer Literaturland wächst und gedeiht!