Von Wiesenbau und Weidekämpen

Mehr als 70 Interessierte im Alter von 18 bis 88 Jahren waren der Einladung des Kreisheimatbundes Olpe in den wiedereröffneten Saal auf der Hohen Bracht gefolgt. Hier referierte Hanna Bümmerstede aus Olpe, die gerade an der Leibniz Universität Hannover ihr Masterstudium der Umweltplanung abgeschlossen hat, über „künstliche Wiesen, harte Arbeit und Spuren vor der Haustüre“. Es ging um den Wiesenbau, der, aus dem Siegerland kommend, im Kreis Olpe vor etwa 100 Jahren seine Blütezeit erlebte. Am Beispiel des Wendener Landes ist die Referentin in ihrer Abschlussarbeit seinen Relikten nachgegangen – in der Landschaft ebenso wie in den Archiven und vor allem im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung.

Im oberen Biggetal und seinen Seitentälern ist der sog. Rückenbau mit zahlreichen parallel verlaufenden Gräben noch gut erkennbar. (Foto: Hanna Bümmerstede)


Anhand zahlreicher historischer Pläne und Fotografien zeigte Hanna Bümmerstede in ihrem Vortrag auf, wie der Heuertrag für die Winterfütterung des Viehs durch ein ausgeklügeltes Be- und Entwässerungssystem gesteigert und verbessert werden konnte. Manche Überreste der Wehre, Schleusen und Graben­systeme sind bis heute in der Landschaft zu finden. Für die Sommerfütterung wurden gleichzeitig Weidekämpe angelegt. Noch heute sind einige von ihnen an den charakteristischen Schattenbäumen zu erkennen, so in Hünsborn.
Die Schilderungen von Männern und Frauen jenseits der 80 hatten der Referentin wichtige Erkenntnisse geliefert und die harte Arbeit in den Wiesen lebendig werden lassen – aber auch interessante Nebenaspekte zu Tage gebracht, zum Beispiel zu den Winterfreuden der Kinder. „Das Wasser kam mit Gülle aus dem Dunghaufen in den Bach und von da in die Wiese. Das war dann braun, und wir sind auf Kuhmist Schlittschuh gefahren.“ So Karl Heinz Kaufmann aus Hillmicke.

Referentin Hanna Bümmerstede (hinten rechts) mit zwei ihrer befragten Zeitzeugen, Emmi Böhler aus Wenden und Karl Heinz Kaufmann aus Hillmicke, sowie ihrer Dozentin Dr. Roswitha Kirsch-Stracke (Foto: Martin Kuschel)


In der heutigen jüngeren Generation ist das Wissen über den Wiesenbau weitgehend verloren gegangen. Aber Hanna Bümmerstede konnte anhand ihrer durchgeführten Befragung am Radweg durch das Biggetal aufzeigen, dass durchaus Interesse besteht, mehr über diese ehemals so bedeutsamen landes­kulturellen Maßnahmen zu erfahren: „Wenn es so besonders war für die Region hier, dann ist das schon interessant. … Woanders würde es mich nicht so interessieren. Aber hier finde ich es interessant, weil es meine Region ist, da wo ich lebe“, meinte eine jüngere Passantin. So ist es nur konsequent, dass die Referentin auch Vorschläge präsentierte, wie man beispielsweise im oberen Biggetal „Landschaft lesen lernen“ und die Spuren des Wiesenbaus besser sichtbar machen könnte.
Das Publikum, darunter auch zahlreiche Gäste aus dem Siegerland, dankte mit lang anhaltendem Applaus und vielen Nachfragen und Kommentaren.

Historischer Wiesenbauplan, Kreisarchiv Olpe


„Landschaft Lesen Lernen“ ist auch der Schwerpunkt der dritten Offenen Heimat-Werkstatt des Kreisheimatbundes gemeinsam mit der AG der Kommunalarchivare bei der VHS des Kreises Olpe. Sie findet im März 2018 statt. Genauere Informationen finden sich im kommenden Programmheft der VHS und in der nächsten Ausgabe von „Südsauerland – Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe“ (Kontakt: Kreisheimatbund Olpe, Geschäftsstelle: d.clemens@kreis-olpe.de, www.kreisheimatbund-olpe.de).