Sicherheit steht an erster Stelle

Winterberg. (ske) Es sind spannende Aufgaben an einem attraktiven Arbeitsplatz mit einem hohen Maß an Verantwortung und technischem Know-how. Dietmar Sonntag und Lothar Neu sind seit zahlreichen Jahren die Zeitnehmer in der VELTINS-EisArena und ein eingespieltes Team. Sie haben ihre Finger aber nicht nur „am Puls der Trainings- und Wettkampfzeiten“, ihre Arbeit ist weitaus komplexer. „Vom sportlichen Ablauf her sind wir die Zentrale und führen die Regie“, sagt Sonntag. „Zudem sorgen wir für die Sicherheit der Sportler und Zuschauer. Das ist eine extrem wichtige Aufgabe. Sie steht an erster Stelle. Während der Trainingszeiten sind wir auch Bahnsprecher.“
Wenn Sonntag und Neu über ihre Arbeit sprechen, dann spürt man die Begeisterung für ihren Job. „Natürlich wird ein Höchstmaß an Konzentration gefordert, das ist manchmal schon anstrengend, eine gewisse Lockerheit sollte man aber nicht verlieren“, meint Neu. „Wichtig ist technisches Grundwissen, das den Zugriff auf die faszinierende, digitale Zeitmessung ermöglicht.“ Die Basis dafür haben die beiden in ihren früheren Berufen bzw. im Studium gelegt. Der 68-jährige Lothar Neu geht in seine 18. Saison an der Bahn, er war früher Fernmeldetechniker und Betriebsrat bei der Telekom. Der 53-jährige Dietmar Sonntag ist jetzt 25 Jahre „an der Bahn“, wie er sagt. „Während meines Studiums der Elektrotechnik habe ich hier gejobbt. Die Grundtechnik, die hinter der Zeitmessung steht, habe ich im Studium gelernt.“
Ihr Arbeitsplatz im Funktionsgebäude der Zielarena, dem „Herzen der Bahn“, ist ein hochmoderner Raum mit einem Regiepult für die digitale Zeitmessung und einer riesigen Monitorwand, die auf der Grundlage von 69 Videokameras die Eis-Röhre und das gesamte Bahngelände haargenau erfasst. Wenn man so will, können die Kameras jede herumlaufende Maus erkennen. „Mit unserem System sind wir mindestens auf dem gleichen Stand wie die aktuelle Olympia-Bahn, das ist Hightech pur“, betont Sonntag. „Der genaue Einblick ist von großer Bedeutung, schließlich geht es um die Sicherheit der Sportler und Zuschauer. Wir müssen die Bahn im Blick haben.“
Ihre Arbeit in der Saison, die am 2. Oktober mit dem Lehrgang des deutschen Bob-und Skeleton-A-Kaders startet, ist fest umrissen. Sonntag und Neu organisieren gemeinsam mit den Trainern und Funktionären den Trainingsablauf und Trainingsbetrieb. Sie erstellen die Startlisten, verlesen die Namen, beobachten die Monitore und geben für jeden Sportler die Startfreigabe mit den Worten: „Die Bahn ist frei.“ „Die Sicherheitsfreigabe ist entscheidend. Wir halten Kontakt zu den Bahnarbeitern und ehrenamtlichen Helfern und vergewissern uns, dass die Bahn frei ist“, erklärt Sonntag weiter. „Erst dann geben wir den Start frei. Man kann das in etwa mit der Arbeit der Fluglotsen vergleichen. Es geht also darum, den Wettbewerb sicher, ordnungsgemäß und flüssig zu lenken.“

Ein eingespieltes Team: Lothar Neu (l.) und Dietmar Sonntag.


Nach der Freigabe der Bahn wird für den Sportler im Startbereich die Ampel auf Grün geschaltet. „Jeder Sportler ist in der Software der Zeitnahme vorgelegt“, so Neu. „Mit
dem Knopf auf Grün beginnt die Zeitnahme, an der alles hängt.“ Die Sportler haben aber noch eine gewisse Zeitspanne bis zum Start. Für Rodeln (Einsitzer) und Skeleton sind das 30 Sekunden, für die Rodel-Doppelsitzer 45 und für die Bob-Sportler 60 Sekunden. Mit der Durchfahrt der ersten Lichtschranke beginnt die Zeitmessung. „Wir haben eine fliegende Zeitnahme. Wenn der erste Sportler gefahren ist, läuft der Rhythmus.“ Gleichzeitig laufen auch die großen Videowände in der Arena mit Bild und Zeit sowie das Internet, das immer größere Bedeutung gewinnt. Während des Trainings sind Sonntag und Neu auch Bahnsprecher und Kommentatoren mit Start-, Zwischen- und Endzeiten. „Im Training geben wir die Taktung der Starts vor“, erklärt Sonntag. „Bei den Weltcups, wenn die Ü-Wagen der TV-Anstalten angeschlossen sind, sind die Fernseh-Regisseure am Zug. In der Regel beträgt die Taktung zwei Minuten.“
Die hochkomplexe, digitale Zeitmessung ermöglicht es, dass unmittelbar nach der letzten Zielankunft, wenn die letzte Lichtschranke durchfahren ist, die Ergebnisse erfasst sind. „Die Daten liegen digital bereit, werden für den Druck vorbereitet und sind nach rund 20 Sekunden abrufbar“, sagt Neu. „Wir erstellen buchstäblich ein Messprotokoll“, fügt Sonntag hinzu. „Innerhalb von fünf Minuten müssen eventuelle Proteste eingegangen sein.“ Die digitale Zeitmessung hat aber ab und zu mit den Tücken der Witterung zu kämpfen. „Beispielsweise durch Schneeflocken kann die Zeitnahme an den Lichtschranken ausgelöst werden“, so Sonntag. „Da müssen wir auf der Hut sein und mit den Bahnarbeitern dafür sorgen, dass die Lichtschranken schneefrei sind.“
Sonntag und Neu bereitet die Arbeit in der VELTINS-EisArena große Freude. „Wo hat man schon einen Arbeitsplatz, wo man hochaktuelle Technik bedienen kann und Kontakt zu absoluten Weltklasse-Athleten hat? Die meisten kennen wir von klein an und haben ihren Weg begleitet. Wir verstehen uns mit den Sportlern, Trainern und Funktionären sehr gut. Winterberg hat schon seinen Stellenwert im Kufensport.“ Sonntag und Neu sind seit Jahren im Amt und haben große Erfahrungen gesammelt, die sie an die ihren beiden neuen Kollegen, Rainer Braun und Thomas Zimmermann, weitergeben und diese einarbeiten. Sonntag freut sich indes auf eine besondere Aufgabe: Er ist bei den Olympischen Winterspielen im Februar 2018 in Pyeongchang dabei – als Zeitnehmer im Team von Swiss Timing. Es sind bereits seine vierten Olympischen Spiele.
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