(K)ein Ringen um Rad und Ring:

Das ist was für die Familie Feldmann!“, lautete es einstimmig aus dem Kreis der Redaktion dieses Magazins, „Machen Sie das mal, Sie werden bestimmt auf den Geschmack kommen!“ Zaghafte Einwände blieben ohne Wirkung: „Wir sind völlig ungeübt, bestimmt ohne ausreichende Kondition; und ob Jonathan das mit seinen 7 Jahren schafft … Erst mal abwarten, was die Familie dazu sagt …“ Stattdessen war die Sache abgemacht und, siehe da, das Vorhaben traf beim Rest der Familie auch gleich auf offene Ohren! Und so fanden sich die drei Feldmanns an einem sonnigen Frühlingstag im Finnentroper LennePark unweit des Rad-Bahnhofs ein, um das „Experiment“ einer Familientour auf dem Sauerlandradring in Angriff zu nehmen …

Aus der Frühlingssonne in den Fahrtwind

Es fällt schwer, den Lennepark zu verlassen. Wir haben es uns auf einer der Bänke gemütlich gemacht und blinzeln mal Richtung Wasserfontäne auf der angestauten Lenne, mal vorsichtig in die warm am Himmel leuchtende Sonne oder unterhalten uns mit Bekannten, die man hier immer wieder trifft. Währenddessen turnt Jonathan in einer der Kletteranlagen oder schaut den Schwänen, Enten und Teichhühnern zu, die die Wasserfläche durchpflügen. Aber das Abenteuer Radring lockt dann doch und so schwingen wir uns in die Sättel und treten tüchtig in die Pedale. Die Fahrt zum „Lichtblick LenneSchiene“ stellt derzeit (noch) einen Abstecher dar, jedoch einen lohnenden. Von hier kann man das Lennetal zwischen Finnentrop und Lenhausen einsehen und sich bei einem Blick über die B236 hinüber zum Tunnelportal ausmalen, wie es nach dem hoffentlich bald möglichen Brückenschlag vom „Lichtblick“ über die Straße durch das Pendant zum Fehrenbrachter Fledermaus-Tunnel hinüber ins schöne Frettertal gehen wird. Noch aber müssen (oder können) wir den Radweg durchs Lennetal bis Lenhausen nehmen und von dort ein Stück entlang der Straße Richtung Fretter nutzen. Noch ein gutes Stück vor dem Örtchen Müllen aber können wir wieder abbiegen und auf dem ehemaligen Bahndamm weiterradeln. Gute 14 Kilometer geht es von hier durch die reizvolle Landschaft des Tals Richtung Fehrenbracht und wir merken alle drei, wie vorteilhaft die Streckenführung über einen ehemaligen Bahndamm ist. Geringe Steigungswinkel lassen die Fahrt selbst für uns noch relativ ungeübte Radausflügler zu einem problemlosen Freizeitvergnügen werden. Lediglich dort, wo im Zuge des Trassenrückbaus vor Planung des Radwegs eine der Bahnbrücken abgerissen worden ist, muss man kurz etwas mehr an Kraft investieren.

Familienausflug auf dem SauerlandRadring
Foto: Heidi Bücker

Wir passieren Kilometersteine und alte Signalanlagen, stumme Zeugen der Geschichte und stellen uns vor, wie einst sogar imposante Dampfloks das Frettertal hinauf geschnauft sind. Ins Schnaufen und Pusten kommen wir aber dankenswerterweise nicht. Vielmehr können wir entspannt die wunderschöne Landschaft genießen und wagen einen kurzen Abstecher zur historischen alten Mühle von Frettermühle. Und schon geht es weiter. Deutmecke begrüßt uns, Fretter wird passiert, schließlich das idyllisch gelegene Serkenrode erreicht. Von hier lässt sich bereits das Ende des Tals erahnen, an dem Fehrenbracht auf die Radler wartet – und mit ihm der Fehrenbrachter Tunnel, besser als „Fledermaustunnel“ bekannt. Man sieht bereits das Portal, als wir an einer kleinen, noch leicht zu übersehenden Besonderheit Halt machen, denn am Wegesrand befindet sich eine waschechte Wasserscheide! Der Wasserlauf aus einer kleinen Quelle teilt sich und während es auf der einen Seite Richtung Frettertal und damit zur Lenne hin fließt, nimmt das kühle Nass auf der anderen Seite den Weg durch den Tunnel, mündet in den Ramscheid-Bach und einige Wasserläufe später schließlich in die Ruhr.

Dann gähnt der Tunnelmund vor uns und kurz ist ein wenig Respekt bei Jonathan zu spüren, der Tritt in die Pedale jedenfalls erfolgt etwas zurückhaltender. Dann aber geht es mit einem Jauchzer hinein in die einzigartige Atmosphäre aus historischem Mauerwerk, vereinzelten Tropfen und eindrucksvoller Ausleuchtung des Tunnelgangs. Schwer vorstellbar, dass hier für einen Gutteil des Jahres das „Braune Langohr“ oder das „Große Mausohr“ ungestört ihren Winterschlaf halten. Statt der wertvollen Fledertiere bevölkern ab Anfang April dann wieder Radausflügler die 689 Meter zwischen den Gemeinden Finnentrop und Eslohe. Entlang der Wasserläufe von Ramscheid, Marpe und Salwey geht es nach Eslohe. Einen Besuch im tollen DampfLandLeute-Museum müssen wir heute auslassen, dafür lockt der Kurpark unweit des Esselbads mit dem schönen Spielplatz für eine Rast, mit einem Eis für kleine oder einem Kaffee für die großen Radler. Mit dem Lennepark hat sich ein Pendant gebildet, sodass die Etappe in beiden Richtungen lohnende Ausflugsziele bietet.

Mit Leichtigkeit zum höchsten Punkt

Da die junge Radfahrerfamilie (noch) in Etappen denken muss, machen wir uns an einem anderen Tag auf das nächste Teilstück in Richtung Bad Fredeburg und Schmallenberg. Hier sind wir im schönen Wenne- und Leißetal unterwegs und man merkt, dass man sich im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge bewegt! Der Sonnentag rahmt die tolle Landschaft und man genießt die Bewegung an der frischen Sauerländer Luft. Eine Stippvisite zum schönen Rast- und Spielplatz in Bremke muss sein, dann wollen die Beine wieder bewegt werden. Wir sind auf Leih-E-Bikes unterwegs und angetan, wie gut sich Unterstützung aus dem Akku und körperliche Betätigung ergänzen. Für Jonathan und sein Faible für alles, was bewegte Räder hat, ein kleines Abenteuer, das aber auch nicht ohne ist, denn auf den 13 Kilometern zwischen Bremke und Bad Fredeburg sind gut 180 Höhenmeter zu meistern. Dank der Eigenschaften der ehemaligen Bahntrasse und des E-Bikes aber wird das zum reinen Vergnügen! Es geht aber auch ohne Unterstützung, denn ich schalte nach Dorlar den E-Antrieb aus und habe auch bei vollem Tritt in die Pedale keinerlei Probleme. Jonathan hingegen müssen wir in seinem neu entdeckten E-Bike-Enthusiasmus immer wieder mal ein wenig einbremsen, machen an Fluss- und Bachläufen Halt oder schauen im Wald davon springenden Rehen nach. Dann passieren wir den mit gut 460 m ü. NN höchsten Punkt des Radrings: Bad Fredeburg. Nachdem wir die Geschicklichkeit einiger junger Radler auf dem Bike-Parcours am Rand des Radwegs bewundert haben, geht es weiter Richtung Schmallenberg, wo zur Belohnung ein leckerer Eisbecher den schönen Tag abrundet.

Nicht weit vom Eiscafé erinnert uns das Gebäude der „Gästeinformation“ an unsere ersten Meter auf einem E-Bike. Stellvertretend für die vielen anderen Service- und Verleih-Stationen am SRR ist die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft des Teams der Schmallenberger „Gästeinformation“ hervorzuheben. Da kommt man gerne wieder!

Der Ring schließt sich: Die (vorerst) letzte Etappe

Wir begeben uns auf den letzten Abschnitt unserer Radring-Tour und machen uns auf ins Lennetal, in Richtung Fleckenberg. Ein Stück radeln wir auf dem „Holzerlebnisparcours“ und genießen einen letzten Blick auf Schmallenberg. In Fleckenberg weckt das urige Museum in der denkmalgeschützten Besteckfabrik unser Interesse, dann geht es durch den Ort und weiter Richtung Lenne, dem Dorf der schönen Fachwerkhäuser. Danach wird es für uns etwas weniger beschaulich, denn wir müssen über Hundesossen bis Störmecke an der B236 entlang und bewegen uns auf dem Bürgersteig bzw. der Bankette fort. Dann aber können wir wieder den Radweg nutzen. Im schönen Saalhausen mit seinem gelungene TalVital-Park und seinen zahlreichen Landschafts- und Wassererlebnissen lassen wir uns für eine Rast nieder. Für Jonathan fällt sie zu kurz aus, denn es gibt mehr als genug zu sehen, zu entdecken und zu bestaunen. Noch aber haben wir gut 23 Kilometer an Weg, an schöner Gegend und an interessanten Haltepunkten vor uns! Also muss es weitergehen, denn Wiederkommen ist ja jederzeit möglich! Und so radeln wir gemächlich und entspannt auf Altenhundem zu. Ob Heinemanns Hofcafé in Kickenbach, das gelungene Bistro Heimes im Altenhundemer Bahnhof, dem Haltepunkt am Zubringerweg zum Rothaarsteig, oder die schönen Lenneterrassen im Wigey: Es ließe sich genussvoll Rast an Rast reihen. Dieses Mal aber lockt es uns nach Meggen, wo wir die entstehenden Haldengärten anschauen und uns vorstellen, wie man bald schon auf einem pflanzenreichen Erlebnisweg zum Siciliaplateau gelangen kann. Dort kann es dann mit dem Erleben weitergehen, denn das Bergbaumuseum und der Galileo-Park mit seinen eindrucksvollen Pyramiden-Bauten und den faszinierenden Ausstellungen sind mehr als einen Besuch wert. Den nächsten aber müssen wir noch ein wenig verschieben, denn es ist schon Nachmittag und uns steht der Sinn nach Kaffee und Kakao, um für das letzte Stück Weg gewappnet zu sein. Im Grevenbrücker Ess- und Kulturbahnhof werden wir fündig und Jonathan erklimmt neugierig die urige Rangier- und Schiebelock aus dem Werksverkehr des nahen Kalkwerks, die nach ihrem Arbeitsleben nun den kleinen Spielplatz am Bahnhof ziert. Dann geht es weiter und wieder ins Grüne. Unterhalb der Ruine der Peperburg, die wir auf einer früheren Tour schon besichtigt haben, geht es am waldreichen Hang entlang auf die Gemeindegrenze zwischen Lennestadt und Finnentrop zu und parallel zum Obergraben fahrend erreichen wir Bamenohl und den imposanten Bau des Wasserkraftwerks sowie ein Stück weiter das Schloss Bamenohl. Von dort halten wir uns in Richtung Lenne und fahren das letzte Wegstück auf einem der jüngsten Teile des SauerlandRadrings. Zwischen Bamenohl und Finnentrop lässt sich in dem Bereich, in welchem der Verlauf der Lenne naturnah umgestaltet bzw. renaturisiert worden ist, bei nahezu jedem Besuch Neues entdecken. Der Fluss gestaltet sich seinen Verlauf quasi selbst und mit ein wenig Glück bekommt man hier auch den schönen Eisvogel zu Gesicht. Weiter geht es: Der letzte Kilometer unserer Tour will schließlich auch noch bewältigt werden! Vorbei an der Players Lounge, die sich als direkter Anlieger des Radrings ganz auf die radelnden Gäste einzustimmen beginnt, nehmen wir bis in den LennePark nur noch „frischen“ Asphalt unter die Räder. Wir unterqueren die neue Brücke ins Biggetal, passieren das Stellwerk Süd und gelangen im nicht nur von uns immer wieder gerne angesteuerten LennePark an. Hier schließt sich für uns der Ring! Jonathan hangelt sich wieder unermüdlich durch die Seile der Kletteranlagen und wir genießen Sonne und Blick auf die silbrig in die Höhe schießende Wasserfontäne, einem Geschenk der Sparkasse an die Gemeinde Finnentrop. Der Tag bietet noch herrlich viel Zeit und Muße, um die unsere Radring-Tour noch einmal Revue passieren zu lassen …

Ein Rascheln reißt mich aus den Gedanken und blinzelnd sehe ich, dass meine Frau die Radweg-Karte ausgebreitet hat und mit dem Finger darauf herumfährt. Sie tippt auf einen Punkt und erzählt, dass dort die Remblinghauser Sägemühle zu finden sei und kurze Zeit später suchen wir beide nach schönen Stellen für eine Rast am Hennesee. Und schon sind wir mitten in den Planungen für unser nächstes Erlebnis auf dem SauerlandRadring: Die Henneseeschleife! Vielleicht starten wir in Finnentrop, vielleicht in Eslohe, vielleicht radeln wir auch in Schmallenberg los. Mit den eigenen Rädern oder einem der Leih-E-Bikes? Genießen wir die Natur oder reizen eher Geschichte, Sehenswürdigkeiten und Einkehrmöglichkeiten? Wir sind wirklich auf den Geschmack gekommen! Unsere Rundfahrt in Etappen war alles andere als eine Tort(o)ur, sondern eher etwas, was der wunderbaren Leichtigkeit des Seins nahekommt. Der SauerlandRadring ist ein Radweg der tollen Möglichkeiten – und wir bleiben gespannt, was sich für uns noch entdecken lässt!

Bericht aus dem WOLL-Sondermagazin „10 Jahre SauerlandRadring“.

Von Jens Feldmann

Das WOLL-Sonderheft kann kostenlos im WOLL-Onlineshop bestellt werden.