Bürgermeister sehen SauerlandRadring als Erfolgsgeschichte für kommunale Zusammenarbeit

Das Sauerland als eine Region, in der das Fahrradfahren zu einer der beliebtesten Freizeitaktivitäten zählt? Vor zwanzig Jahren undenkbar, heute Realität. Sauerland und Radfahren galten schon aufgrund der hügeligen und bergigen Landschaft als unvereinbar oder als ausschließlich etwas für Verrückte oder Profis. Mit der Fertigstellung des Ruhrtal-Radwegs zwischen Winterberg und Duisburg wurde 2006 der Startschuss für eine beispiellose Ideen- und Investitionsoffensive einer ganzen Region gegeben. 2007 sorgte die Eröffnung des SauerlandRadringes auf einer ehemaligen Bahntrasse für höchste Aufmerksamkeit. Die Gemeinden Eslohe und Finnentrop sowie Lennestadt und die Stadt Schmallenberg entwickelten gemeinsam das Erfolgskonzept. Mit der Nordschleife kam 2012 der Anschluss an den Hennesee und damit an die Stadt Meschede als fünfter Partner hinzu. Gemeinsam mit WOLL sprachen die fünf Bürgermeister über Bedeutung und Zukunft des SauerlandRadrings, wie sie persönlich den Rundkurs erleben und warum es sich auch einmal lohnt, vom Sattel abzusteigen.

WOLL: Zehn Jahre SauerlandRadring: welche positiven Entwicklungen haben sich durch dieses Projekt für die Kommunen, aber auch für das gesamte Sauerland ergeben?
Einstimmigkeit herrscht unter den fünf Bürgermeistern. Mit dem SauerlandRadring hat nicht nur das Radfahren in der Region einen Aufschwung erhalten, sondern sind auch die Kommunen zusammengewachsen.

Bürgermeister Dieter Heß, Finnentrop

Bürgermeister Dieter Heß – Foto: Klaus-Peter Kappest


Dietmar Heß, Bürgermeister der Gemeinde Finnentrop: „Wir fünf sind eindeutig – nicht nur im touristischen Bereich – zusammengerückt. Wir sprechen und handeln mit einer Stimme und werden im Sauerland heute anders wahrgenommen. Der SauerlandRadring hat sich zum Qualitätsprodukt im Herzen des Sauerlandes entwickelt. Er ist heute die Drehscheibe in einem Netz von touristischen Radwegen.“ Sein Amtskollege Stephan Kersting aus Eslohe ergänzt: „Insgesamt hat das Thema Radfahren einen enormen Aufschwung genommen. Sicherlich hat, neben der technischen Entwicklung der Räder, auch der Ausbau des SauerlandRadrings zu diesem Erfolg in unserer Region beigetragen.“ Stefan Hundt, Bürgermeister von Lennestadt, denkt dabei nicht nur an die Besucher, sondern auch an die heimische Bevölkerung: „Zu den positiven Entwicklungen gehört überhaupt die Schaffung eines neuen Radweges sowohl für die heimischen Radfahrer, als auch für Gäste. Positiv dürfte sich der SauerlandRadring auch auf die Gastronomie- und Übernachtungsbetriebe ausgewirkt haben. Viele der Radfahrer suchen aufgrund der Länge des Radweges unterwegs Einkehrmöglichkeiten.“ Für Christoph Weber, Bürgermeister der Kreisstadt Meschede, besticht vor allem die Vielfalt des Radrings: „Eine wunderschöne Sauerland-Rundfahrt, die für alle Altersklassen, Familien und Radsportler gleichermaßen geeignet ist. Nicht nur für Touristen, sondern vor allem für die Bürger und Bürgerinnen ist der Radring zu einem festen Ausflugsziel geworden.“ „Geschützte Wege für Einheimische und Gäste mit der Trennung vom motorisierten Verkehr sind etwas, was wir vorher nicht hatten und was gut genutzt wird“, sagt Bernhard Halbe als Bürgermeister der Stadt Schmallenberg: „Radfahrer, Skater, Fußgänger, Skiroller bis hin zu Rollatoren und Rollstühlen prägen ein buntes Bild.“
Bürgermeister Bernhard Halbe, Schmallenberg

Bürgermeister Bernhard Halbe – Foto: Klaus-Peter Kappest


WOLL: Gab es in der Entwicklung Schwierigkeiten, mit denen Sie anfangs nicht gerechnet hätten?
Was heute als selbstverständlich und Glücksfall für die Region gilt, stieß anfangs bei Vielen auf Unverständnis und Kopfschütteln. Doch erstaunlicherweise legte sich die Skepsis schnell und die Lobeshymnen auf den SauerlandRadring nahmen zu.
Von anfänglichen Sorgen, gar Problemen, wollen Stefan Hundt und Bernhard Halbe nichts wissen. Stefan Kersting antwortet hingegen: „Natürlich hat es auch Schwierigkeiten und auch Widerstände bei dieser Entwicklung gegeben. Das Radfahren in einer bergigen Region war ja noch vor 20 Jahren nicht wirklich vorstellbar. Da gab es auch politisch viele Hindernisse und die Ausgaben für die Infrastruktur waren hoch umstritten.“ Dietmar Heß als erster Bürger der Gemeinde Finnentrop: „Die größte Schwierigkeit war die Nutzung des Kückelheimer Tunnels. Die naturschutzrechtlichen Belange mit denen der Nutzung als Radweg unter einen Hut zu bringen, war schwieriger als erwartet. Heute haben wir aber mit der zum Schutz der Fledermäuse vereinbarten Winterschließzeit vom 1. November bis längstens 9. April. eine vertretbare Lösung gefunden.“ Als Bürgermeister von Meschede kam Christoph Weber erst später zum Radring: „Die HenneseeSchleife wurde erst durch den Bau des Radweges an der Wenne in 2012 fertiggestellt. Dass die Projektbeteiligten aus Eslohe, Schmallenberg, Finnentrop und Lennestadt die HenneseeSchleife, und damit verbunden Meschede, unmittelbar in das Projekt SauerlandRadring aufgenommen haben, war nicht selbstverständlich, zeigt jedoch die gute und konstruktive interkommunale Zusammenarbeit.“
Bürgermeister Christoph Weber, Meschede

Bürgermeister Christoph Weber – Foto: Klaus-Peter Kappest


WOLL: Was macht den SauerlandRadring so besonders? Wieso sollten noch mehr Menschen diesen schönen Teil des Sauerlandes auf zwei Rädern erkunden?
Auf alten Bahntrassen das Sauerland entdecken: Was den Radring so besonders macht, steht für alle Bürgermeister fest. Dass der Rundkurs dabei ohne viele Steigungen zu meistern ist, lockt Radfahrer aller Generationen.
„Das Fahren auf den alten Bahntrassen“, antworten die fünf Bürgermeister einstimmig auf die Frage, was denn das Highlight des Radrings sei. Aber auch sonst haben die fünf Männer Einzigartigkeiten entdeckt, die den SauerlandRadring von anderen Radtouren unterscheiden. Bernhard Halbe sagt: „Besonders sind auch die Wegestrecken entlang der Lenne, die für jedermann befahrbar sind.“ Für Eslohes Bürgermeister Stephan Kersting sind die geringen Steigungen ein absoluter Pluspunkt – „auch für Hobbysportler relativ entspannt möglich. Außerdem lohnt sich ein Besuch im wunderschönen Sauerland generell immer.“
Bürgermeister Stefan Hundt, Lennestadt

Bürgermeister Stefan Hundt – Foto: Klaus-Peter Kappest


Stefan Hundt: „Ein besonderes Merkmal des Radrings ist natürlich, dass es ein Rundkurs ist. Die Radfahrer können bequem mit der Bahn anreisen oder das Auto an einem der ausgewiesenen Parkplätze stehen lassen, den Radring an einem oder mehreren Tagen befahren und kehren automatisch zum Ausgangspunkt zurück. Ebenfalls besonders ist die Anzahl an Übernachtungs- und Gastronomiebetrieben mit E-Bike Ladestationen.“
„Perfekte Streckenführung an Henne, Wenne, Lenne und die Anbindung an den Ruhrtal-Radweg“, sagt Christoph Weber kurz und knapp, während Dietmar Heß das Naturpanorama und den Fledermaustunnel als Alleinstellungsmerkmal sieht.
WOLL: Abgesehen natürlich von ihrer eigenen Kommune. Wo sollten die Radfahrer unbedingt absteigen und Zeit verbringen?
Museen, Naturparks, Burgen und Einkaufsstraßen. Links und rechts vom SauerlandRadring erstrecken sich lohnenswerte Ausflugsziele. Das wissen auch die fünf Bürgermeister, die alle ganz eigene Favoriten haben.
Finnentrops Bürgermeister Dietmar Heß präferiert das „DampfLandLeute-Museum“ in Eslohe, den Hennesee, die Schmallenberger Altstadt und das TalVital Saalhausen.
Ganz oben auf der Agenda von Christoph Weber steht der Kückelheimer Fledermaustunnel. Aber nicht nur: „Jeder Teilabschnitt hat seine besonderen Sehenswürdigkeiten und bietet somit Haltepunkte für jeden Geschmack.“ Während Stefan Hundt in der eigenen Kommune das Elspe Festival, den Galileo-Park und den Kulturbahnhof Grevenbrück schätzt, kann auch er das „DampfLandLeute-Museum“, die Besteckefabrik in Fleckenberg oder die Player’s Lounge in Finnentrop empfehlen. Wenn Bernhard Halbe auf’s Fahrrad steigt, dann macht er meistens vor großen Anstiegen Rast: „Wir pausieren immer zwischen Altenhundem und Theten, am Anstieg zum Fledermaustunnel und in Eslohe und Bremke vor dem Schlussanstieg.“ Einen besonders sportlichen Rat hat Stephan Kersting: „Ich kann nur empfehlen, den Radring insgesamt zu erfahren. Dort gibt es einfach überall etwas zu sehen und zu erleben.“
WOLL: Und sie selber? Lieber Mountain-Bike, E-Bike, Rennrad oder doch der konventionelle Drahtesel?
Wer in solch hohen Tönen vom SauerlandRadring schwärmt, der muss ihn auch schon selbst erlebt haben. Doch wie passiert ein Bürgermeister eigentlich den Fledermaustunnel oder die Nordschleife?
Zügig und sportlich mögen es fast alle. Auf das Rennrad steigen sowohl Stephan Kersting als auch Dietmar Heß und Stefan Weber. Geht es über Stock und Stein, dann holt Stefan Hundt das Mountainbike aus der Garage und Bernhard Halbe vertraut auf Altbewährtes: „Mein Trekkingbike bringt mich seit zwei Jahrzehnten immer ans Ziel.“ Geht es gemütlich mit Freunden oder der Familie auf Tour, dann tut es aber auch der konventionelle Drahtesel.
WOLL: Was sollten die Radfahrer unbedingt im Gepäck haben, damit die Radtour durchs Sauerland unvergesslich wird?
Ein wenig Proviant, einen Durstlöscher, einen Fotoapparat und eine Landkarte. Tipps, was auf der Fahrt auf dem SauerlandRadring nicht fehlen darf, haben die fünf Bürgermeister genug. Dann kommt die Freude ganz von alleine.
„Pack die Badehose ein“, ist nicht nur Liedzeile eines altbekannten Schlagers, sondern auch Tipp von Meschedes Bürgermeister Christoph Weber, geht es um die Planung der nächsten Fahrradtour. Um die persönlichen Akkus und die der E-Bikes aufzuladen, rät Dietmar Heß zur Nutzung der „Sauerland App“. Kartenmaterial, Unterkünfte und Cafés sind darin ebenso beschrieben wie die Orte und Touren. Lennestadts Stefan Hundt empfiehlt die Mitnahme einer Fotokamera, Bernhard Halbe rät zu einem „offenen Auge für die Schönheit der Umgebung“. „Dann kommen Offenheit und gute Laune ganz von alleine“ sagt Stephan Kersting als Bürgermeister von Eslohe.
WOLL: Ein Blick in die Zukunft: Welche Planungen gibt es zum Beispiel im Ausbau der Infrastruktur oder der stärkeren Förderung des Radtourismus?
Auf dem bisherigen Erfolg wollen sich die Kommunen nicht ausruhen. Der Radring soll weiter verbessert, ausgebaut und sicherer gemacht werden, damit die Gäste ihre Tour noch mehr genießen können.
Stefan Hundt: „Das interkommunale Projekt Lenne-Schiene an dem sich sieben Kommunen beteiligen, erhält eine Neuauflage. Eine Chance, unsere Infrastruktur weiter zu stärken. Mit den Städten und Gemeinden im Altkreis Meschede besteht ein gutes Miteinander, das z.B. beim Thema Elektromobilität eine neue Gemeinsamkeit erfährt.“ Dietmar Heß fährt fort: „In Finnentrop haben wir gerade gemeinsam mit Straßen NRW rund 6,4 km neue Radwege im Lenne- und Biggetal fertigstellen können. Damit ist ein echter Qualitätssprung für den SauerlandRadring erreicht. Aber unser wichtigstes Ziel heißt jetzt: Verbesserung der Routenführung durch Nutzung des Lenhauser Tunnels und Herstellung einer kurzen, steigungsarmen und sicheren Wegeführung vom Lenne- ins Frettertal.“ Christoph Weber hat vor allem den Radweg zwischen Nichtinghausen und Mielinghausen im Fokus: „Auf der Wunschliste steht die Anbindung weiterer Ortsteile an den SauerlandRadring.“ Bernhard Halbe und Stephan Kersting hoffen auf eine weitere Vernetzung und Komplettierung des Radwegenetzes.
WOLL: Sie dürfen sich etwas wünschen: Was könnte auf und um den SauerlandRadring noch besser sein?
Alternativrouten, höhere Sicherheit und Kontinuität. Die fünf Bürgermeister sind schon glücklich mit dem Radring. Doch sie wollen auch zukünftig einen Zahn zulegen.
Bürgermeister Stephan Kersting, Eslohe

Bürgermeister Stephan Kersting – Foto: Klaus-Peter Kappest


„Der komplette Ring sollte auf reinen Radwegen befahrbar sein“, wünscht sich Eslohes Bürgermeister Stephan Kersting: „Die Beschilderung könnte noch verbessert werden und man könnte noch ein paar ‚Alternativrouten’ anbieten.“
Wunschlos glücklich sind Bernhard Halbe und Dietmar Heß, wünschen sich deshalb mit Christoph Weber eine „gemeinsame kontinuierliche Weiterentwicklung.“ Dass der Abschnitt Störmecke-Lenne an der B236 sicherer wird, das wünscht sich Stefan Hundt als Bürgermeister von Lennestadt.

Schnappschuss beim Fotoshooting. „Wir bauen an der Zukunft“. Die fünf Bürgermeister Stephan Kersting, Dietmar Heß, Stefan Hundt, Christoph Weber und Bernhard Halbe ließen sich symbolisch im Sandkasten fotografieren.
Foto: Klaus-Peter Kappest

Beitrag aus dem WOLL-Sonderheft „10 Jahre SauerlandRadring“.

Das WOLL-Sonderheft „10 Jahre SauerlandRadring“ ist bei den Touristikinformationen der fünf Kommunen Meschede/Bestwig, Eslohe, Schmallenberg, Lennestadt und Finnentrop erhältlich. Das Heft kann auch kostenlos im WOLL-Onlineshop angefordert werden.