Adventszeit

adventWenn die Adventszeit gekommen war, begann für uns Kinder wohl die schönste Zeit des ganzen Jahres. Es gab den ersten Schnee und wir konnten Schlitten fahren.“ Doch wenn um 18 Uhr von der kleinen Dorfkapelle zum Angelusgebet (Engel des Herrn) geläutet wurde, zogen alle Kinder ohne Murren heim. Die ganze Familie versammelte sich und betete allabendlich im Halbdunkel den Rosenkranz.
Diese Stunde, bevor an dunklen Wintertagen Licht gemacht wurde, hieß im Wittgensteiner Land „Lichtestunne“. Man saß im Halbdunkel, um Licht zu sparen, betete, erzählte sich Erlebnisse vom Tage, tauschte nützliche Erfahrungen aus und erledigte noch nebenbei notwendige Arbeiten. Die Ofentür am Herd stand offen und gab ein heimeliges Licht. Viele haben die frühen Abendstunden noch klar vor Augen, wenn die Mutter mit dem Kleinsten auf dem Schoß nahe der offenen Ofentür saß, die größeren Kinder sich um sie drängten und gemeinsam gebetet oder gesungen wurde.
Die Adventszeit wurde als Zeit der Stille, der Besinnung, der Buße betrachtet. Große Festlichkeiten und Tanzveranstaltungen fanden nicht statt. Das kirchlich verordnete Fasten wurde streng eingehalten. „Pappa“ und „Oppa“ verzichteten auf Tabak und Schnäpschen, „Mamma“ auf ihre tägliche Tasse Bohnenkaffee.
(Auszug aus dem Buch von Bärbel Michels: Das Fest der Liebe – Weihnachten im Sauerland und Wittgensteiner Land in früherer Zeit. WOLL-Verlag – ISBN Nr. 978-3-943681-50-5 – 22,0 Euro – Das Buch gibt es in den Sauerländer und Wittgensteiner Buchhandlungen und im WOLL-Onlineshop)
Das Fest der Liebe – Weihnachten im Sauerland und Wittgensteiner Land in früherer Zeit
Weihnachten im Wandel der Zeit ist ein vielbeschriebenes Thema, dem etliche Publikationen mit Gedichten, Prosastücken und regionalen wie überregionalen Dokumentationen nachgehen. Nur selten aber treffen Vielfalt des historischen Materials und Liebe für’s Detail auf ein schriftstellerisches Einfühlungsvermögen wie das Bärbel Michels. Sie nutzt es, um die Erzählungen älterer Berichterstatter und volkskundliche Quellen lebendig werden zu lassen. So beschreibt siedieregionale Kulturgeschichte der Weihnachtszeit vom späten 18. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts: Advents- und Nikolausbräuche, Weihnachtsgeschäft und Festtagssitten, Neujahrstraditionen und vieles mehr…