Neue Ausgabe „Der Märker“ erschienen

Märkischer Kreis. (pmk). „Mit 65 Jahren hat der »Märker« zwar das Rentenalter erreicht, die thematische und zeitliche Vielfalt seiner Beiträge zeigt aber, dass die landeskundliche Zeitschrift noch lange nicht zum alten Eisen gehört.“ Das schreibt Landrat Thomas Gemke im Vorwort der neuesten Ausgabe des „Märker“, die soeben erschienen ist. Auch dieses Mal hat die landeskundliche Zeitschrift für den Bereich der ehemaligen Grafschaft Mark und den Märkischen Kreis, herausgegeben von Kreisarchivarin Dr. Christiane Todrowski im Auftrag des Kreises, auf 128 Seiten wieder viele spannende Themen zu bieten.

Ein Inselbewohner von Nuku Hiva in Französisch-Polynesien ziert das Titelblatt des neuen Märker. Aus dem Buch der Mellin´schen Bibliothek in Werl.

Ein Inselbewohner von Nuku Hiva in Französisch-Polynesien ziert das Titelblatt des neuen Märker. Aus dem Buch der Mellin´schen Bibliothek in Werl.


„Einblick in vergessene Welten – Ein jahrhundertealter Bücherschatz in Altena“ ist der Titel des Aufsatzes der Werdohler Historikerin Dr. Iris Bunte. Vor mehr als 100 Jahren gelangte der über 2.000 Bände umfassende Bücherschatz auf die kurz zuvor wieder aufgebaute Burg Altena. Zu ihrer Ausstattung erwarb der Vorsitzende des Vereins für Orts- und Heimatkunde im Süderlande, Landrat Dr. Fritz Thomée, aus dem Nachlass des letzten männlichen Erbens die Bibliothek sowie zahlreiche Urkunden und Akten zur Familiengeschichte der von Mellins. Die heute noch existierende gemeinnützige von Mellin’sche Stiftung, in die das Vermögen übergegangen war, hatte 1914 den Verkauf nicht aus finanziellen Nöten getätigt, sondern weil sie Platz brauchte, und die Urkunden und Akten überdies als »wertlos« erachtete. Der Werler Stadtarchivar Michael Jolk erläutert die Bedeutung des von Mellin’schen Archivguts für die Orts-, Wirtschafts- und Technikgeschichte in seinem Beitrag »Coming home. Die Archivalien der Familie von Mellin sind nach 101 Jahren wieder in Werl vereint«.
Das 200. Gründungsjubiläum der preußischen Provinz Westfalen im vergangenen Jahr veranlasste den Historiker und Archivar Prof. Dr. Wilfried Reininghaus zu der Frage: »Wie modern war Westfalens Wirtschaft im Jahr 1800?« Seine Antworten präsentiert er mittels eines fiktiven Gesprächs dreier Unternehmer aus Iserlohn, die er aus ihrem Erfahrungsschatz berichten lässt. Iserlohn war um 1800 die wirtschaftlich führende Stadt in Westfalen, besaß 1849 mehr Einwohner als Dortmund, ihre Kaufmannschaft hatte für ihre Produkte die Märkte und Messen Europas erschlossen und dabei auch die Strukturen der eigenen Metall- und Textilindustrie nachhaltig verändert.
Eine Folge der Industrialisierung des Sauerlandes war ein massiver Anstieg der Bevölkerungszahlen. Dörfer, Städte und damit auch Kirchengemeinden in den Altkreisen Arnsberg, Brilon und Meschede wuchsen seit etwa 1870 etwa um das Doppelte, in den Kreisen Iserlohn und Altena um das Drei- bis Fünffache. Sie alle benötigten für ihre Gläubigen beider christlichen Konfessionen größere Kirchen. Die Entwicklung verlief zeitlich parallel mit der Etablierung der Denkmalpflege sowie dem Wiederaufgreifen des gotischen und des romanischen Baustils für Neubauten in Deutschland. Der Historismus und die Vorgaben der modernen Denkmalpflege beeinflussten Generationen von Architekten, unter ihnen den als Aachener Dombaumeister bekannten Joseph Buchkremer. In den 15 Jahren seiner Tätigkeit im Sauerland baute er elf Kirchen, die allesamt ohne nennenswerte Kriegsschäden erhalten geblieben sind. Der Münsteraner Kunsthistoriker Dr. Roland Pieper beschreibt »Form und Stil des manieristischen Historismus in den Sakralbauten Joseph Buchkremers im Sauerland«. Sein besonderes Augenmerk legt Pieper auf die Kirchen St. Blasius in Balve sowie St. Kilian in Letmathe, die als westfälische Hauptwerke Buchkremers im heutigen Märkischen Kreis gelten.
Die 1968er Jahre mit ihren Studentenstreiks, Notstandsgesetzen und Ostverträgen, dem Vietnamkrieg, Anti-NPD-Demonstrationen, Pillen-Diskussionen und Rote-Punkt-Aktionen haben – ungeachtet ihrer vergleichsweise »jungen« Vergangenheit – Einzug in die Geschichtsbücher gefunden. Die Folgen des »Epochenwechsels« auf die Stadt Iserlohn und die dortige Parteienlandschaft schildert Dr. Walter Wehner. Ob Verwaltung oder Politik, Presse oder Schützenvereine: Die Außerparlamentarische Opposition stellte alle bisherigen Werte auf den Prüfstand. Anhand des »Iserlohner Kreisanzeigers«, der »Westfalenpost«, der »Westfälischen Rundschau» sowie Zeitzeugenberichten, Materialsammlungen und eines Filmdokuments im Stadtarchiv Iserlohn ruft der Germanist und Kunsthistoriker Wehner Erinnerungen an die Protestbewegung wach, die die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig prägte und veränderte. 1968/69 wurden aber auch wichtige kommunalpolitische Entscheidungen insbesondere im Bereich der Stadtentwicklung gefällt und veränderten das Stadtbild von Iserlohn. Vieles, was dem damaligen Modernisierungswahn geschuldet ist, wirkt heute als eine in Zement gegossene Bausünde, die es wieder zu beseitigen gilt. Die Folgen der 68er-Bewegung sind – nicht nur in Iserlohn und nicht nur im jeweiligen Stadtbild – überall präsent.
Bunt und abwechslungsreich wie die Fachaufsätze sind auch die Buchbesprechungen im vorliegenden »Märker«. Publikationen über Wörter und Sachen aus Westfalen oder die Geschichte des 1. Westfälischen Landwehr-Infanterie-Regiments 1813–1815 werden ebenso kritisch vorgestellt wie Bücher über die mittelalterliche Eisengewinnung im Märkischen Sauerland, die Neugotik im westfälischen Kirchenbau oder über den Ersten Weltkrieg in Werdohl.
„Der Märker“ kostet zehn Euro plus 2,50 Euro Porto und ist erhältlich beim Kreisarchiv des Märkischen Kreises, Bismarckstraße 15, 58762 Altena, E-Mail: archivundbiblio-thek@maerkischer-kreis.de, Telefon: 02352/966-7055, sowie demnächst in den Bürgerbüros des Märkischen Kreises im Kreishaus Lüdenscheid und am Griesenbrauck in Iserlohn und im örtlichen Buchhandel. Weitere Informationen unter www.maerkischer-kreis.de., Stichwort: Der Märker.