Poetry Slam

Beitrag Sofia von Schledorn
„Du hast gesagt, ich soll einfach mal machen, es einfach mal krachen lassen und mich nicht immer nur auf andere verlassen.“
Poetry Slam ist ein Dichterwettstreit, der gerade unter Studenten weitverbreitet ist. Poeten schreiben eigene Texte und stellen diese, in einer bestimmten Zeit, dem Publikum vor. Meistens hat man nicht mehr als sechs Minuten für seinen Auftritt. Man darf keine Requisiten mit auf die Bühne nehmen, der selbst geschriebene Text und die eigene Stimme sind die einzigen Werkzeuge. Meistens gibt es innerhalb des Wettbewerbs mehrere Runden und unter den drei letzten Teilnehmern wird dann durch das Publikum entschieden, wer gewinnt: Der lauteste Applaus bestimmt den Sieger.
„Du hast gesagt ich soll nicht immer so lange schlafen, früh aufstehen und mal munter in den Tag starten.“
Es gibt viele Hobby-Poeten, die gerne Texte schreiben, aber sich nicht auf die Bühne trauen. Dabei kann man bei einem Poetry Slam, dem „Slammen“ eigentlich nichts falsch machen, denn hier ist im Grunde alles erlaubt. Ob Gedicht, Kurzgeschichte, Songtext oder Tagebucheinträge: Die Textart ist frei wählbar. Man könnte zum Beispiel alle Vokale aus seinem Text tilgen und den Zuschauern ein Wörter-Wirrwarr präsentieren. Es kommt letztlich vor allem auf die Performance an!
Man kann die Texte singen, schnell oder langsam sprechen, flüstern oder jaulend auf der Bühne stehen. Ebenso aber kann das Stilmittel desVortrags sein, den Text in normaler Tonlage vorzulesen und im gleichen Rhythmus zu bleiben. Manche tragen die Texte frei vor, ebenso erlaubt sind Notizblöcke oder Zettel unterschiedlichster Art mit dem eigenen Text. Das gehört durchaus zur Performance: Auch Klopapierrollen oder Kassenzettel können als Schreibunterlage dienen.
Poetry Slam ist eine Kunstform und man ist entsprechend frei in seinem künstlerischen Schreiben. Es gibt keine Grenzen, nur ein Zeitlimit. Oft werden schon in kleinen Städten oder an Universitäten Poetry Slam Abende angeboten, wo jeder teilnehmen und zeigen kann, was er drauf hat. Es gibt auch oft Veranstaltungen für Slammer, die zum ersten Mal auf der Bühne stehen. Es werden außerdem Workshops angeboten; oft von bekannten Slammern, die das Poetry Slammen zum Beruf gemacht haben und nun ihre Tipps und Tricks an Newcomer weitergeben.
Die Themen der Slammer sind jedes Mal so unterschiedlich, dass für jeden etwas dabei ist. Ob über die Liebe oder das Leben, politische Themen, über einen Tag am Meer oder ob über das Haustier geschrieben wird: Es gibt kein Tabuthema. Traurig, witzig, romantisch oder sarkastisch, Lyrik, Comedy oder Prosa, alle Formen und Färbungen literarischer Texte sind vertreten. Ein Text über einen Kühlschrank kann genauso lustig sein wie ein Text über den 70ten Geburtstag der Großmutter.
 Du Tagträumer
„Du hast gesagt, ich soll mein Leben leben,
das Leben lieben, die Liebe leben, mich neu verlieben
und mich dabei nicht verbiegen,
um normal zu sein.
Du hast gesagt, ich soll einfach mal los ziehen,
die Welt riechen, die Luft schmecken
und mehr als nur eine Sache neu entdecken.
Du hast gesagt, ich brauche keine Liebe,
komme gut alleine klar,
bin kein Mensch von Zweisamkeit,
doch so langsam glaube ich, dass ist nicht mehr so wahr.
Du hast gesagt, ich würde zu wenig an mich glauben,
würde mir damit viel zu viel verbauen.
Ich sollte mehr an meine Träume glauben,
meine Träume leben, optimistisch denken,
einfach mal darauf bauen,
was ich sage, was ich mache, was ich schaffe, was ich kann.
Du hast gesagt, Tagträume sind gute Träume,
Tagträume sind Träume an guten Tagen,
Tagträume sind die Träume aus denen was entsteht,
die Träume die man auslebt,
nicht still steht,
einfach macht und los geht,
nicht groß denkt,
sondern sich von alleine lenkt,
die man anfassen kann, die man schmeckt und riecht und fühlt und hört,
die schweben
und den Inbegriff von Freiheit wiedergeben.
Denn alles, was Tagträume sind,
sind unsere eigenen, freien, meisterlichen, verdammt guten, überragenden,
manchmal auch viel zu abstrakten Gedanken,
die uns gehören,
die uns gehören und wenn wir wollen, auch der ganzen Welt.
Wenn wir wollen, dann gehören sie jedem, dem die Idee gefällt,
frei zu sein.
Man selbst zu sein. Ich zu sein. Du zu sein. Der zu sein. Die zu sein. Das zu sein.
Sich nicht für etwas zu schämen, was man gerne sein will.
Also lass deine Gedanken frei, hast du gesagt.
Sei der wer du bist, hast du gesagt.
Mach was du willst, hast du gesagt.
Make it happen, hast du gesagt.
Und jetzt bin ich ich.
Ich mach, was ich will.
I make it happen.
Glaub es mir.
Ich werde schaffen. Ich werde Sachen machen,
die du dir nur zu träumen wagst.
Denn fängt man einmal an, dann macht man einfach weiter,
auch wenn du fragst,
ob das noch alles so richtig ist,
denn erst mal will ich leben,
erst mal will ich lieben und leben und das am liebsten gleichzeitig.
Denn sonst hab ich das Gefühl, man macht mir nur die Zeit streitig,
in der ich hätte lachen können,
denn ich will keine Zeit vergeuden.
Ich will lachen, weinen, strahlen im Sonnenschein,
ich will da sein und weg fahren,
ich will jetzt aufstehen, ich will liegen bleiben,
ich will ich sein und nicht du sein,
ich will nichts verschlafen,
ich will mich in den See schmeißen und Bäume umarmen,
ich will mich drehen und Stopp sagen, wann ich das will.
Ich will um die Häuser zieh’n und im Regen tanzen,
ich will küssen und auch mal Sex haben,
ich will das alles und noch viel mehr
und ich weiß, was ich kann und ich weiß dann auch, ich kann nicht mehr.
Ich will so vieles und mache wenig, doch ich werde schaffen und ich werde mich irgendwann zusammenraffen.
Denn wenn ich so im Auto sitze,
aus dem Fenster starre und die Welt betrachte,
sehe ich das Blau und das Grün und das wirklich Wahre,
ich sehe die Sonne und die Wolken und ich sehe
Leitplanken und Leitplanken und Leitplanken und
ich sitze hier und träume von den ganzen Dingen, die ich will,
die ganzen Dinge, die ich machen will.
Und ich will die Augen schließen und nicht das Hier und Jetzt sehen,
denn wenn ich aus dem Fenster schaue,
und Straßenschilder sehe,
Orte, an die man hätte hinfahren können,
und Alternativen, die ich mir hätte gönnen können,
schaue ich lieber weg.
Schließe die Augen
und trotzdem
sehe ich das Blau und das Grün und das wirklich Wahre,
ich sehe Leitplanken und Leitplanken und Leitplanken
und ich will hier raus,
ich will aus dem Auto steigen und los rennen,
ich will aussteigen, weiter laufen, Dinge benennen und alle Orte kennen,
denn du und ich, wir wissen beide:
Ich will doch so viel
und genau hier, jetzt, in diesem Moment muss ich ehrlich mit mir sein.
Denn soll ich dir was sagen?
Soll ich ehrlich mit Dir sein?
Ich tagträume.
Ich tagträume gerne,
ich schaue ständig in die Ferne
und irgendwann, vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen,
aber, glaub mir, irgendwann. Bald.
Werden meine Gedanken frei sein und sie werden präsent sein. Sie werden real sein. Sie werden da sein. Und vielleicht werden sie nicht die Welt verändern, aber sie werden mich verändern.
Sie werden mich und mein Leben,
mich und meine Liebe,
mich und meine ständige und immer werdende Liebe zum Leben verändern.
Und weißt du was? Ich werde verdammt viel Platz für neue schaffen.“