Die Alphornbläser von Neuenkleusheim

WOLL Sauerland Alphorn

Bei gutem Wetter reicht der Blick vom Weidenkamp bis ins Siebengebirge mit dem Ölberg und der Löwenburg. Es ist der ideale Standort für die Alphornbläser von Neuenkleusheim. Hier können sich die archaischen Töne ihrer Instrumente so richtig entfalten. Wenn sich der satte, warme Klang über die Landschaft legt, entsteht eine ganz besondere Atmosphäre.
Vor zwölf Jahren haben sich die fünf Musiker zusammen getan, um Alphorn zu spielen. Damit sind sie zwar nicht unbedingt die einzigen rund um den Biggesee, aber die ersten. Wie kommt man darauf, Alphorn zu spielen? „Aus einer Bierlaune heraus. Wir wollten einfach mal etwas Neues ausprobieren“, erzählt Markus Hupertz, mit 50 Jahren der Älteste der Truppe. Ganz so einfach ist das natürlich nicht. Denn ein Alphorn zu blasen, ist alles andere als ein Kinderspiel. WOLL Sauerland Alphorn
Obwohl das Alphorn aus Holz ist, zählt es zu den Blechblas-instrumenten. Weil man ihm mit der gleichen Anblastechnik Töne entlockt. „Da es weder Ventile noch Klappen gibt, kann man nur Naturtöne spielen. Sie werden mit Luftkontrolle und Lippenspannung erzeugt“, erklärt Hupertz. Dazu komme, dass sich die Hörner gegenseitig beeinflussen. Wenn der Nachbar einen unreinen Ton spiele, sei es schwer, einen geraden dagegen zu halten. Das Holz reagiere eben ganz empfindlich auf Schwingungen. Da müsse man schon gehörig üben. „Eine gewisse musikalische Vorbelastung ist klar von Vorteil, wenn man mit dem Alphorn anfängt“, ergänzt Hupertz, ausgebildeter Trompeter, Hornist, Tubist und ein Orchester-Diplom von der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf in der Tasche. Zwölf Jahre gehörte er zum Gebirgsmusikkorps in Garmisch-Partenkirchen. Heute ist er hauptberuflich als Blechblasinstrumentenbauer unterwegs. Und leitet den Musikverein Neuenkleusheim, aus dem sich auch der Rest der Gruppe rekrutiert.

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Markus Hupertz ist Instrumentenbauer und spezialisiert auf Waldhörner. DIe fertigt er für die Gebr. Alexander in Mainz, Deutschlands älteste Blasinstrumentemanufaktur und Weltmarktführer auf diesem Gebiet.


Die gebogene Form des Alphorns ist ursprünglich reine Natur und resultiert aus der krummen Form der an alpinen Hängen wachsenden Baumstämme. Die werden nach dem Fällen der kompletten Länge nach halbiert, bis auf einige wenige Millimeter gleichmäßig ausgehöhlt und wieder zusammengefügt. Das passiert heute oft maschinell. In Handarbeit dauert es mehr als 70 Stunden. Um das Ganze dann transportabel zu machen, kann das Horn in zwei oder drei Teile zerlegt werden. Immerhin haben die Hörner in F-Dur, „mit ihrem wohligen Sound die gängigsten für ein Orchester“, wie Hupertz erklärt, eine Länge von 3,50 Meter.
Dass das Alphorn keineswegs nur in die Alpen gehört, ist für die Neuenkleusheimer eine klare Kiste. „Schließlich leben wir hier im Land der tausend Berge“, sagen sie. Damit liegen sie völlig richtig. Zwar gilt die Schweiz als Erfinderin, tatsächlich aber gab und gibt es entsprechend geformte (Natur-)Instrumente in der ganzen Welt. Es ist wohl ganz einfach nur so, dass neben Käsefondue, Schokolade und Offiziersmesser das Alphorn Nationalsymbol ist. Die erste urkundliche Erwähnung eines Alphorns datiert sich in der Schweiz auf Anfang des 16. Jahrhunderts. Später in Vergessenheit geraten, taucht es im 19. Jahrhundert mit der Mode des Bergsteigens und Alpenglücks wieder auf. Heute zählt der Schweizer Jodlerverband, zu dem die Alphornbläser gehören, an die 2000 Alphornbläser weltweit. Und auch in fast allen Musikgenres hat das Alphorn inzwischen seinen Platz gefunden, sich vom schlichten Signalinstrument zu einem vollwertigen Bandmitglied entwickelt: in der Volksmusik, im Schlager und Jazz und in der Klassik.
In der Natur, zu Geburtstagen, in der Alphornmesse am Gipfelkreuz des Ettelsberg mit Hüttenwirt Siggi oder bei Österreichs bedeutendsten Alphorntreffen im Kleinwalsertal spielen die Neuenkleusheimer Alphornbläser ihre Instrumente. Und Ostersonntag blasen sie in der Frühe zum Engel des Herrn und folgen damit einer Tradition des Musikvereins. Den gibt es bereits seit 1898. Eigentlicher Gründer ist Pfarrer Franz Heuel. „Als in dem Jahr zur traditionellen Pfingstprozession die Schrei-bershofer Musikkapelle nicht erschien, fasste man auf Anregung vom Pfarrer den Entschluss, ab sofort selbst für die Musik zu sorgen“, weiß Hupertz. Längst hat sich das Orchester in der Region einen Namen gemacht. „Ganz einfach, weil wir Freude daran haben“, ergänzt er.
von B. Engel [Text/Fotos]
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