Alte Marsberger Tracht ist das Fundstück des Monats

Marsberger Hochzeitstracht - Marsberger Tracht

Beringhausen / Niedermarsberg. Der 14. Februar gilt als Tag der „Liebenden“. Er ist in Deutschland aber in erster Linie eine kommerzielle Erscheinung und das auch erst seit den 1950er Jahren.
Die Ursprünge hat der Valentinstag im kirchlichen Fest Maria Lichtmess, das früher am 14. Februar gefeiert wurde. Die Kirche beschloss die Zeit zwischen dem Fest „Heilige Drei Könige“ (Epiphanie) und dem 14. Februar mit einer Antiphon, einem Wechselgesang zwischen Vorsänger und Gemeinde. Darin wird die himmlische Hochzeit Jesu besungen. Die Erinnerung, dass sich die „Ankunft des Bräutigams“ mit dem 14. Februar verbindet, hat sich auch nach der Verlegung von Maria Lichtmess auf den 2. Februar gehalten. So wurde der Märtyrer Valentin, dessen Namenstag am 14. Februar gefeiert wird, zum Patron für Verliebte, Verlobte und eine gute Heirat.

Marsberger Hochzeitstrach - Marsberger Tracht

Das Fundstück des Monats Februar 2016: eine schwarze Haube der typischen weiblichen Tracht des 19. Jahrhunderts aus Beringhausen.


Mit einer stilvoll gekleideten Hochzeit von anno dazumal beschäftigt sich auch Marsbergs Fundstück des Monats Februar 2016. Der Marsberger Geschichts- und Heimatverein „Marsberger Geschichten – Schlüssel zur Vergangenheit e. V.“ erhielt jetzt aus Beringhausen für das Museum „Haus Böttcher – Marsbergs Haus der Geschichte aus 1589“ Utensilien und Kleidungsstücke der „Frau von damals“, die als besondere Sonntagstracht im 19. Jahrhundert getragen wurde.
Margret Schlüter übergab zwei Hauben, die aus den Zeiten ihrer Urgroßmutter (Familie Albracht, Bundesstraße) stammen, sowie ein schwarzes Kleid. Sie kamen letztmalig beim Dorfjubiläum „1100 Jahre Beringhausen“ zur Schau bzw. zum Einsatz. Margret Schlüter trug das Kleid und ihre Mutter Luise Hesse saß in der wiedereingerichteten Nähstube im Jahr 2001 mit der Trachtenhaube aus dem 19. Jahrhundert.
Die Frauen kleideten sich in vergangenen Jahrhunderten – schlicht gesagt – „schwarz“ und das selbst auch am schönsten Tag ihres Lebens, der Hochzeit. Einzig die schwarze Haube auf dem Kopf der Braut wurde mit einem weißen Schleier versehen.
Heutzutage kaum noch vorstellbar, denn für den Heiratsmonat Mai werden die meisten Bräute es sicher schon längst besitzen: Das Kleid für ihren großen Tag. Ob die Hochzeit standesamtlich oder kirchlich gefeiert wird, ist dabei fast egal. Der Großteil der Bräute heiratet im weißen oder cremefarbenen Kleid, das mit viel Liebe zum Detail ausgesucht wurde. Es werden keinerlei Kosten und Mühen gescheut. Von der Unterwäsche über das Strumpfband, zu den Schuhen und sogar dem Haarschmuck wird alles aufeinander farblich „hell“ abgestimmt. Es kann heutzutage schon in Stress ausarten, wenn nicht nur das Kleid mehrmals anprobiert und angepasst wird, sondern auch „Probetermine“ für Make-up und Frisur anstehen.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war die Auffassung darüber, wie eine Braut gekleidet sein sollte, ganz anders, wie das Fundstück des Monats Februar 2016 belegt. In Marsberg und allgemein „auf dem Land“ war es üblich, dass die Braut einfach ihr bestes Kleid, also ihre „Sonntagstracht“ trug. Dies war häufig ein schwarzes Kleid mit passender Schürze und Haube. Die Farbe „schwarz“ war im Allgemeinen auch nicht so schmutzempfindlich. Hygienestandards gab es in früheren Zeiten nicht. Das Kleid an sich war am Hals hochgeschlossen und langärmelig, auch war es meist bodenlang, so dass kaum nackte Haut zu sehen war. Zucht und Ordnung nach dem Grundsatz „Glaube, Sitte, Heimat“ waren angesagt.
Zu dieser typischen Sauerländer Tracht gehörte bis in die 1870er Jahre die sogenannte „Falge“. Sie war glockenförmig geschnitten und aus schwerem Wolltuch, gelegentlich mit einem Pelz besetzt. Die damalige, honorige Oberschicht ließ diese Tracht mit Seide füttern. Das war aber die Ausnahme.
Marsberger Quellen aus dem Jahr 1872: „Bei uns im katholischen Sauerland ist die schwarze „Falge“ oder das „Regentuch“ bis in die neuere Zeit hinein allgemeine Kirchentracht der Frauen geblieben. Sie bedeckt den ganzen Kopf und Oberkörper und erspart dadurch weitere Toilette.“ Die Falge wurde zusätzlich auch bei Tieftrauer bis zu den ersten sechs Wochen nach Eintritt des Sterbefalls im ersten Verwandtschaftsgrad getragen. Im Laufe der Kaiserzeit verschwand die Falge allerdings aus dem öffentlichen Erscheinungsbild der ländlichen Bevölkerung und diente, wenn überhaupt, nur noch als Regenschutz. „Die Braut in Schwarz“ war landauf – landab das Motto.
Trendsetter für weiße (Hochzeits-)Kleider war hier der Adel. Ein erstes, leichtes Umdenken gab es in der Bevölkerung lt. einer Niedermarsberger Quelle im Jahr 1929. Zumindest entstand eine „gewisse“ Diskussion hierüber: „Unsere Mütter und Frauen waren generell als Braut schwarz gekleidet, so soll es weiterhin Usus bleiben.“ Grund für diesen Ausspruch war, dass in diesem Jahr eine erste Hochzeit in „Weiß“ in der Bevölkerung vermerkt wurde. Schwarz wurde allerdings weiterhin bei der breiten Masse gesichtet.
Nach dieser ersten „weißen Hochzeit“ in Marsberg war der „Vorfall“ auch Thema bzw. Bestandteil im Karneval und wurde von der Männerwelt regelrecht „ätzend“ bei den zahlreichen Karnevalsfeiern zu Beginn des Jahres 1930 kräftig auf die „Schüppe“ genommen. Die Männer spielten sich teils regelrecht als wahre Moralapostel auf. „Wir sorgen für Zucht und Ordnung!“, so kann man es noch heute auf einem historischen Foto eines abgebildeten Bühnenbildes aus der damaligen Zeit nachlesen. Zu sehen ist ein schwarzgekleideter Bräutigam mit aufgespanntem Regenschirm, der seine Frau in weißer Unterwäsche regelrecht im Regen stehen lässt. Andere böse Männerstimmen aus der damaligen Zeit ließen auf einem „Protestblatt“ verlauten: „Die Frau muss vom ersten Tag der Ehe bis zum letzten Tage wissen, wo es lang geht! – Deswegen kann als Antwort nur „schwarz“ die richtige Losung sein!“
Alle heutigen Zeitgenossen – seien es Männer oder Frauen – würden solche Aussprüche zu Recht als frauenfeindlich abstempeln. Im Laufe der Jahrzehnte und spätestens auf dem Höhepunkt der Emanzipationsbewegung in den 1960er und 1970er Jahren veränderten sich „Gott sei Dank“ die Maßgaben von Sitte und Anstand und damit auch die Vorstellungen von angemessener Hochzeitsmode. Es gab keine Sittenwächter mehr und es wurde fortan sogar in Jeans oder Turnschuhen geheiratet, um sich gegen die als verstaubt empfundenen Sitten aufzulehnen.
Frauen zeigten fortan gerne Dekolleté oder tragen Kleider mit ausgeschnittener Rückenpartie. Das Bedürfnis, in „Weiß“ zu heiraten und damit Reinheit auszustrahlen, steht heute nicht mehr im Widerspruch dazu, Kleider zu tragen, die den Körper betonen und den Phantasien freien Lauf lassen. Kein Wunder also, dass auch bei Nicht-Adeligen der Wunsch im Laufe der Zeit aufkam, mit einem aufwändigen Hochzeitskleid für einen Tag zur Prinzessin zu werden.

Nähere Informationen zum Fundstück des Monats finden Sie unter: www.Marsberger-Geschichte.de