Sterngolf hat in Neu-Listernohl eine lange Tradition

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Helmut Lutz ist nur zwei Kilometer entfernt vom legendären Borsigplatz geboren worden. Kein Wunder, dass der seit vielen Jahrzehnten in Attendorn lebende Lutz ein eingefleischter Fan von Borussia Dortmund ist. Aber seine wahre sportliche Liebe gehört den ganz kleinen Bällen. Helmut Lutz ist Gründungsmitglied und 1. Vorsitzender des am 1. November 1972 aus der Taufe gehobenen Sterngolf-Sportclubs (SSC) Attendorn.
„Ich bin eigentlich jeden Tag hier und verbringe meine ganze Freizeit zwischen Mitte März und Anfang Oktober auf der Anlage“, begrüßt der Vorsitzende des SSC Attendorn den Reporter des WOLL-Magazins auf der schmucken Sportanlage am Ende der Spechtstraße in Neu-Listernohl. Hier hat der 70 Mitglieder zählende Verein seit 1994 eine neue Heimat gefunden. Das Grundstück gehört der katholischen Kirche. Helmut Lutz ist beim SSC der Mann für alle Fälle. Zwischendurch kassiert der Attendorner den Eintritt und gibt die Bälle und die Schläger heraus. Wenig später führt Lutz die Mädchen und Jungen einer Kindergartengruppe in die Geheimnisse seines Lieblingssports ein.
Sterngolf hat in Neu-Listernohl schon eine lange Tradition. Seit Ende der 1960er-Jahre wird im „Golddorf“ diese Bahngolfart gespielt. Bis 1988 waren die Sportler mit den kleinen Bällen an der Alten Handelsstraße zu Hause, neben dem Hotel Mertens. Dann musste die Anlage einem Baugrundstück weichen.
Sterngolf, was ist das eigentlich? Die Erklärung liefert ein Aushang am Vereinsheim in der Spechtstraße. Unter der Überschrift „Minigolf – Ein Sport, fünf Systeme“ heißt es dort schwarz auf weiß: „Sterngolf wird auf Betonbahnen gespielt. Sie sind ca. 8 Meter lang und 1 Meter breit. Die Hindernisse sind auf jeder Anlage gleich, nur die Reihenfolge kann jeweils verschieden sein. Die Bahnen werden durch Rohrbanden begrenzt. Die letzte Bahn hat dem System den Namen gegeben. Hier ist der Endkreis in Form eines Sterns angelegt, das Zielloch ist auf einem kleinen Hügel angebracht.“
„Für die meisten Hobbyspieler ist das die schwerste Bahn“, weiß Helmut Lutz. Aber auch erfahrene Turnierspieler können an diesem letzten Hindernis von 18 Bahnen verzweifeln. „Für mich persönlich ist die Bahn 4 die schwierigste, wegen des engen Durchgangs“, sagt der Mann der ersten Stunde beim SSC Attendorn. Um in den Endkreis zu gelangen, muss der Ball unter einem Häuschen durch und hat dabei auch noch einen Höhenunterschied bewältigen. Für diese schwere Bahn nimmt der Vereinsvorsitzende einen speziellen Ball, den er seit 40 Jahren hegt und pflegt.
Mit seiner Bestleistung von 22 Schlägen auf den 18 Bahnen in Neu-Listernohl liegt Helmut Lutz nur knapp über dem Platzrekord von Christian Klein. Der Attendorner benötigte im Jahr 2001 bis heute unerreichte 20 Versuche. Das könnte ein Rekord für die Ewigkeit sein.
Beim Treffen mit dem WOLL-Magazin öffnete Helmut Lutz das wichtigste Utensil eines Sterngolfers: den Koffer mit den vielen Bällen. „Es gibt 1.000 unterschiedliche Bälle und jedes Jahr kommen welche dazu“, berichtet der Vereinschef. Lutz hat zurzeit 125 kleine Bälle für alle Fälle. 64 davon finden in seinem Koffer Platz, den der Turnierspieler immer dabei hat. Auf dem guten Stück klebt natürlich das BVB-Logo. Jeder Turnier- und Vereinsspieler hat auch seinen eigenen Schläger, vorne mit einer Gummiplatte.
Die Bälle unterscheiden sich oft nur in Nuancen. Aber jedes dieser runden Gummidinger hat in punkto Sprungkraft andere Eigenschaften. Ganz wichtig ist die Temperatur. Und die kann der Sterngolfer beeinflussen. Dafür gibt es spezielle Thermobags. Die Profis erwärmen die Bälle aber auch mit den Fingern oder in der Hosentasche.
Das Spiel selbst hat viel von Billard. Der Weg ins Loch führt in den meisten Fällen nicht über den direkten bzw. geraden Weg. Die Profis spielen mit Bande. Der richtige Winkel muss berechnet, die äußeren Bedingungen müssen berücksichtigt werden. Allein auf der Bahn 3 gibt es drei verschiedene Alternativen zum Einlochen. Jede Anlage hat ihre eigenen Gesetze. Und dafür muss der jeweils optimale Ball gefunden werden. Aber auch der beste Sterngolfer ist für einen kurzen Moment machtlos, wenn der Ball auf den Bahnen 9 und 11 in ein Rohr fällt und danach unkontrolliert wieder herausspringt.
Alles Dinge, über die sich der Hobbyspieler auf seiner „Minigolfanlage“ keine Gedanken macht. Dabei spielt er in Neu-Listernohl gar nicht Minigolf, auch wenn die Regeln identisch sind. Den großen Unterschied machen die Abmessungen. So sind die Sterngolfbahnen mit 8 Metern gegenüber 12 Metern beim Minigolf deutlich kürzer. Auch sind sie mit einem Meter nicht so breit wie die Bahnen der großen Schwester (1,25 Meter). Das Material ist aber gleich: Beton. Deshalb dürfen die Bahnen beim Sterngolf und Minigolf auch betreten werden. Die Regeln: Für jede Bahn sind sechs Versuche erlaubt. Wer das nicht schafft, muss sich eine 7 ins Heft schreiben lassen. Die Experten nennen das eine „Glocke“.
Warum wird in Neu-Listernohl Sterngolf und nicht Minigolf oder eine andere Bahngolfart gespielt? Das hatte auch handfeste wirtschaftliche Gründe. Weil die Sterngolfanlagen um ein Drittel weniger Platz benötigen, muss das Grundstück nicht so groß sein. Als die „Väter des Sterngolfs“ um den Hohenlim-burger Heinrich Ullrich ihre ersten Anlagen bauen wollten und ein gutes Geschäft witterten, existierte beim System „Minigolf“ bereits ein Patent und der Erwerb der Lizenz war nicht ganz billig. Später verkauften Ullrich und Co. selbst sogenannte Lizenzschutzzonen für 3.500 DM.

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Strahlende Sieger nach der Deutschen Schüler-Meisterschaft 2014 in Wanne-Eickel. Hinten von links: Jean-Pierre Bonacker, Trainer Dirk Baumgart, Raphael Kuschel. Vorne von links: Severin Blümer und Robin Forsberg.


Auch Helmut Lutz und seine Mistreiter konnten beim Bau der neuen Sterngolfanlage in Neu-Listernohl nicht einfach loslegen. Das Patent von Heinrich Ullrich musste berücksichtigt und eine genaue Bauzeichnung angeschafft werden. Die Bauarbeiten in der Spechtstraße haben dann 22 Monate gedauert. Das meiste haben Lutz, Sportwart Jörg Fricker und die anderen Helfer selbst gemacht; Fricker ist im Übrigen schon einmal Jugend-Europameister mit der Mannschaft des SSC Attendorn geworden. „Aber das war vor 33 Jahren“, lacht der Neu-Listernohler.„Unter die Bahnen haben wir reichlich Schotter gelegt, bestimmt einen halben Meter“, schmunzelt der Vereinschef. Die stabile Bauweise hat sich bis heute bezahlt gemacht. Vor drei Jahren wurde die Oberfläche abgeschliffen und neue Farbe aufgetragen.
Um die Zukunft seines Vereins macht sich Lutz keine großen Sorgen. „Das läuft momentan sehr gut. Die Mitgliederzahl steigt von Jahr zu Jahr.“ Zurzeit spielen beim SSC Attendorn zwei Seniorenmannschaften und ein Jugendteam. Das sportliche Aushängeschild waren im letzten Jahr die Schüler. In Wanne-Eickel holten Severin Blümer aus Niederhelden, Jean-Pierre Bonacker aus Weschede, Robin Forsberg aus Neu-Listernohl und Raphael Kuschel aus Beukenbeul 2014 gleich mehrere Deutsche Meistertitel. Das gelang einer Schüler-mannschaft mit Jörg Fricker schon einmal 1987.
Abschließende Frage an Helmut Lutz, der als einziger von zwölf Gründungsmitgliedern beim SSC noch aktiv ist: Was ist das Erfolgsrezept für einen guten Sterngolfer? „Der richtige Ball ist ganz wichtig. Das macht 50 Prozent aus. Der Schläger ist nicht ganz so bedeutsam. Man muss vor den Schlägen zur Ruhe kommen. Dazu kommen Trainingsfleiß, Konzentration und Ner-venstärke.“ Vor allem an der abschließenden Bahn 18.
Weitere Informationen über den SSC Attendorn und seine Anlage in Neu-Listernohl mit den Öffnungszeiten und einer Turnierübersicht gibt es auf der Homepage des Vereins unter www.ssc-attendorn.de
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Helmut Lutz öffnet seinen Koffer mit 64 von insgesamt 125 Bällen, die er für die verschiedenen Bahnen und Anlagen hat.


von M. Droste [Text] und B. Bernhardt [Fotos]
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