Glückliche Kindheit in Schabernack

WOLL Sauerland Schabernack

Die Baustelle Biggetalsperre war für die Springob-Zwillinge Eberhard und Friedrich, den alle nur „Friedel“ nennen, „ein großer Abenteuerspielplatz“. Als Kinder haben die heute 63-Jährigen die Bauarbeiten vor allem in den Ferien „hautnah“ miterlebt. Und dabei durften sie sogar manchmal auf den großen Fahrzeugen mitfahren.

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Eberhard Springob hat im WOLL-Magazin ein Foto entdeckt, auf dem man einen Teil seiner alten Heimat „Schabernack“ sehen kann.


Der kleine Ort, wo die Brüder mit ihren Eltern und vier Geschwistern wohnten, hieß Schabernack und lag am Fuß des gleichnamigen Bergrückens. Nach Listernohl waren es fünf Kilometer. Die Anhöhe wurde für den Bau der Biggetalsperre bis auf den Fels abgetragen und in den Dammkörper integriert.
„Wenn man mitten auf dem Staudamm steht, blickt man genau auf Schabernack“, erklärt Eberhard Springob. Sehen kann man im Normalfall nichts, denn seit 50 Jahren liegen viele Meter Wasser über dem kleinen Ort mit seinen damals drei Häusern.
Beim letzten Niedrigwasser 2003, als der Biggesee viele alte versunkene Schätze für ein paar Wochen preisgab, kam Eberhard Springob zu spät. Als der Urlauber zurück in Listerscheid war, stieg das Wasser schon wieder. Diesmal wollen die Springobs rechtzeitig vor Ort sein, wenn Teile von Schabernack aus den Fluten auftauchen sollten.
Vom Elternhaus der Zwillinge bis zur Schule in Listerscheid war es ein Fußweg von mehreren Kilometern. Erst im letzten halben Jahr fuhr dort ein Bus. Die Springob-Zwillinge machten das Beste aus dem langen Marsch zur Schule und spielten Fußball. Den Ball hatte das Hochwasser angeschwemmt. „Damit sind wir zur Schule gegangen. Einer von uns rechts, der andere links, dazwischen immer der Ball“, erinnert sich Eberhard Springob genau. Beide ließ der Fußball nicht mehr los: Aus Eberhard wurde später ein gefürchteter Torjäger, sein Bruder Friedel stand im Tor. Für den Fußball entdeckt hat die beiden, die zuvor begeis-terte Turner waren, der damalige Jugendtrainer Franz Wojciechowski. „Der hat zu unserem Vater gesagt: Du hast doch fünf Jungs. Da muss doch mindestens ein Fußballer drunter sein,“ erzählt der um fünf Minuten ältere und ein paar Zentimeter größere Eberhard lachend. Im letzten Jahr sind die Zwillings-brüder mit der U60-Kreisauswahl Westfalenmeister geworden.
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Von der Mitte des Biggedamms sieht man auf das versunkene Schabernack, die Heimat der Springob-Zwillinge.


Direkt vor dem Elternhaus der Springobs in Schabernack floss die Ihne. Auch das war ein toller Spielplatz, aus dem die Zwillinge unter einer Brücke einen kapitalen Hecht von 1,20 Metern Länge geholt haben. Förster Bräutigam hatte nicht so viel Glück mit dem Wasser. Bei der Entenjagd war ihm sein Hut mit den vielen Auszeichnungen in die Bigge gefallen. Die Springob-Brüder fanden das kostbare Stück in einem Gestrüpp, „da, wo jetzt der Damm ist.“ Die fällige Belohnung hatte sich das Duo redlich verdient.
Mit der ganzen Familie ging es sonntags zum Forsthaus Bruse, unterhalb des alten Standortes der Kapelle Waldenburg. „Da gab es leckere Schinkenbutterbrote!“ Eberhard Springob läuft immer noch das Wasser im Mund zusammen. Ein beliebter Spielplatz war auch die hoch gelegene Hütte des Sauerländischen Gebirgsvereins, die man über einen „Zick-Zack-Fußweg“ erreichen konnte.
Mit 13 Jahren mussten die Zwillinge Eberhard und Friedel mit ihrer Familie die alte Heimat verlassen und fanden eine neue in Listerscheid. Das Elternhaus wurde abgerissen und verschwand in den Fluten des Biggesees. Bei Eberhard Springob hängt im Flur noch eine alte Zeichnung von Schabernack. Die hat der 63-Jährige von einer Tante.
von Martin Droste [Text/Fotos]
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WOLL – RUND UM BIGGESEE UND LISTERSEE

 
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