Heggen vergisst seine Gefallenen nicht

Es ist ein betriebsamer Herbsttag, dieser verhängnisvolle 30. September 1944. Ein Tag in der katastrophalen Endphase des Zweiten Weltkriegs vor über 70 Jahren. Der erst 22-jährige Fluglehrer Richard Hanses aus Heggen, trotz seiner Jugend bereits mit über 1.300 Einsätzen ein erfahrener Pilot, ist mit einem Schüler über der Flugzeugführerschule von Eferding in der Luft, ganz in der Nähe von Linz an der Donau, im an Nazideutschland angeschlossenen Österreich. Ohne Vorwarnung tauchen plötzlich zwei alliierte Tiefflieger auf und beschießen das viel trägere Schulungsflugzeug in etwa 300 Metern Höhe. Beim folgenden Absturz kommen Richard Hanses und sein Flugschüler ums Leben.
In der Heimat löste die inzwischen leider alltägliche Todesnachricht eine besondere Bestürzung aus. Bis zum Kriegsende sollten zwar fast 150 Heggener Jungs ihr Leben verlieren, aber Richard Hanses war besonders in Erscheinung getreten: Mehrere Male war er bei Gelegenheit im Tiefflug um den Turm der Antoniuskirche gekreist, ein waghalsiger Gruß des Fliegers an die Heimat im unbeschwerten Überschwang der Jugend.
Robert Wilmes und Herbert Hesener können sich bis heute an diese spektakulären Kreise über dem Dorf mit der zweimotorigen „JU 88“ erinnern. Und das ist ihnen Verpflichtung bis in die Gegenwart. Die beiden Heggener Senioren haben die meisten der Gefallenen nämlich gekannt; in einem Dorf kennt eben jeder jeden.
Herbert Hesener machte sich mit seinem schlagkräftigen Arbeitskreis 2013 erneut an die Arbeit. Seit 1987 war bereits die Dorf- und Pfarrchronik entstanden, ein Band mit 680 Seiten, dazu zwei große Heggener Bildbände und schließlich ein Buch mit den erhaltenswerte „Dönekes“ aus dem alten Dorfalltag, die bei den umfangreichen Recherchen zusammengetragen werden konnten.Herbert Hesener, Mechthild Sieg und Robert Wilmes waren sich anfangs nicht sicher, ob es gelingen könnte, auch ein detailliertes Erinnerungsbuch an die Heggener Gefallenen zu schreiben. Versuchsweise wurde die tragische Geschichte rund um den Flieger Richard Hanses erstellt und bald wurde klar, dass zumindest das Schicksal der Opfer des Zweiten Weltkrieges erforscht werden konnte. Daraus entstand nun das in seiner Konzeption vermutlich einzigartige Gefallenenbuch. Neben vielen Fotografien wird über jede einzelne Person detailliert berichtet. Den Erinnerungen an die Jugendjahre sind die Umstände des gewaltsamen Todes beigefügt – so ergab sich auch ein eindringliches Kaleidoskop zu den finsteren Kriegszeiten. Von den 149 Heggener Toten kamen übrigens 107 im Osten ums Leben. Bereits eine Generation zuvor waren zudem 49 Söhne des Dorfes im Ersten Weltkrieg gestorben.
Dr. Antonius Hamers aus Heggen erzählte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty während der zentralen Gedenkfeier im Aachener Dom zum Volkstrauertag 2014 von dem soeben erschienenen Band. Der Minister, zugleich Landesvorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, ließ sich ein Exemplar zukommen und zeigte sich vom Ergebnis dieser umfangreichen Recherche so beeindruckt, dass er den Heggener Arbeitskreis spontan zu sich ins Ministerium nach Düsseldorf einlud.
Dank der großzügigen Unterstützung zahlreicher Sponsoren ist der aufwendige Band noch zum Preis von lediglich 15 Euro zu haben! Im Schreibwarengeschäft von Martina Kramer, vormals Doris Korte, an der Hollenbocker Straße in Heggen sowie den Filialen der Volksbank und der Sparkasse sind noch einige Exemplare vorrätig.Bild 3 Heggen
Text: Achim Gandras // Fotos: Arbeitskreis Heggener Dorf- und Pfarrchronik, Achim Gandras
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