Märchenhaftes aus den Repetaler Erdbeerfeldern

WOLL Sauerland Ring

Es war einmal ein schöner Herbsttag im Repetal im jahr 2014, da schwang sich der Korten Markus auf den Schlepper und fuhr mit der Egge in seine weiten Erdbeerfelder. Er eggte fleißig, bis die Sonne wieder sank. Als das Werk vollbracht war, begab er sich auf den Weg nach Hause. Und tief im Niederheldener Grund, dort, wo sein Erdbeerhof am Repebach zu finden ist, geschah ihm ein gar wunderliches Ding: Ein Funkeln war’s, ein gülden Glanz am Zinken seiner Egge!
So märchenhaft kann auch eine wahre Geschichte beginnen, denn tatsächlich: Markus Korte hatte mit einem Zinken seiner Landmaschine einen goldenen Ehering aufgelesen, den wohl jemand in seinen Erdbeerfeldern verloren hatte. Am Küchentisch nahm er mit seiner Frau Eva den erstaunlichen Fund in Augenschein und entdeckte auf der Innenseite eine Gravur: „Monika, 16. 9. 1966“.
Nun kann man sich fragen, wie viele Menschen wohl schon zum Selberpflücken der leckeren Früchtchen auf dem riesigen Areal unterwegs gewesen sein mögen, um dort vielleicht einen solchen Schatz zu verlieren? Und doch dachte Familie Korte erst einmal naheliegend: Welche Monika war denn eigentlich im passenden Alter im Repetal zu finden? Die, die ihm einfiel, Monika Kellermann aus Niederhelden, war es nicht, da war das Datum leider falsch. Bald darauf jedoch begegnete er dem Bauern Klaus Pulte vom Aussiedlerhof oberhalb Heldens, und ja, dessen Mutter ist ja auch eine Monika … „Sag mal, Klaus, wann haben deine Eltern eigentlich geheiratet?“, war die logische Frage, und Klaus musste nur kurz überlegen: „Im September 1966.“ Bingo, wie man so schön sagt. Monika und Josef „Jupp“ Pulte fielen kurz aus allen Wolken, um sich dann an eine erstaunliche Geschichte zu erinnern. „Zur Hochzeit war der Ring noch da. Wir hatten ihn bereits zur Verlobung durch Vikar Wilhelm Dierkes, den späteren Landjugendpräses, segnen lassen“, wie sich Monika Pulte erinnert. Und schon ist auch das Familienalbum auf dem Tisch, wo alles dokumentiert ist. Tja, und kurz nach der Hochzeit, da war er bereits verschwunden. Damit erklärten sich auch die tiefen Kratzer im Edelmetall. „Ob ich ihn in den Weihnachtsbäumen oder auf dem Hof verloren habe, wo er dann mit dem Mist auf die Felder gefahren wurde, ich weiß es nicht.“ Pulten Jupp muss schmunzeln. Jedenfalls aber hat der Ring über 48 Jahre auf dem Feld verbracht und muss alljährlich untergepflügt, geeggt, gemäht, gedüngt, was sonst noch, jedenfalls nicht gepflückt worden sein! In den 1980er-Jahren kam die Gebietsreform und der Acker fiel an den Kortenhof in Niederhelden. Das gute Stück indes, schön aus 750er Gold, einst noch gekauft bei Uhren Hoberg in Attendorn, längst Geschichte, ist im Paar kaum mehr wiederzuerkennen. Monika Pulte hat ihren all die Jahre getragen und er ist bei der vielen Arbeit mit den drei Söhnen, den Enkeln, den 40 Kühen, dem Reiterhof und den sieben Ferienwohnungen so dünn geworden, dass man es im Vergleich nicht für möglich hält!
Nun gab es also kürzlich eine schöne Übergabe, wobei auch die ganze Vorgeschichte der Ringe erzählt wurde. Diese wirft ein Schlaglicht auf Zeiten in der heimischen Landwirtschaft, die ebenfalls lang vergangen sind.
Monika Pulte, damals Sauvigny – ein Urahn war zu Napoleons Zeiten der französische Festungs-kommandant von Jülich – wuchs auf dem Osterhof an der Briloner Möhnestraße auf. Josef Pulte von Beggers Hof in Helden, damals noch mitten im Dorf, ging für ein Jahr als junger Gehilfe auf das Gut Dahlheim bei Salzkotten. Damals wurde noch alljährlich an stets wechselnden Orten der Züchterball gefeiert, und so kannten sich die Eltern der beiden, die dort als Preisrichter tätig waren. Der Ball von 1963 wurde in Steinhausen bei Paderborn gefeiert, und der Jupp dachte sich: „Oha, was ist denn das da für ein lecker Märken …“ Hallo und guten Tag, und das war’s auch schon, wie schade.
Ein Jahr später dann, im Winter ’64, der nächste Ball, diesmal in Heggen. Und der Jupp dachte sich: „Ach guck, da isse ja wieder!“ Monika Sauvigny sagte schließlich irgendwann: „Du kannst ja mal anrufen.“ Nun, die Ehe hält bis heute. Ringe braucht es dazu also nicht.


Text: Achim Gandras  // Fotos: Familie Pulte, Achim Gandras
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