Joachim Melcher – Küster der St.-Martinus-Kirche in Olpe

WOLL Sauerland Küster

Sein Arbeitstag beginnt morgens um sechs Uhr. Dann guckt er erst einmal nach dem Rechten. Geht über das Kirchengelände, saugt den Teppich im Altarraum, gießt Blumen, zündet die Kerzen an und erledigt Aufgaben, die tagsüber vielleicht stören würden. Um sieben schließt er die Kirchentür auf und der ganz normale Tagesbetrieb beginnt. Die Morgen-Messe, die mit Ausnahme von einigen wenigen Tagen vor oder während hoher Feiertage fest im Kalender steht, will vorbereitet werden.
Joachim Melcher ist Küster der St.-Martinus-Kirche in Olpe. „Ein ganz normaler Beruf“, sagt der 46-Jährige. „Aber einer mit Berufung. Man sollte schon fest im Glauben stehen. Das gehört einfach dazu“, fügt er an. Für ihn ist die Tätigkeit als Küster ein Glücksfall, man könnte fast sagen: eine göttliche Fügung. Seit sechs Jahren übt er seinen Beruf mit Berufung aus. Der Wunsch aber schlummerte schon von klein auf in ihm. Mit dem Klang der Glocken ist er in der Frankfurter Straße groß geworden. „Meine Freunde haben immer gewitzelt, du wirst Priester. Ich habe immer geantwortet, Küster reicht mir.“ Bis es soweit war, sollten noch viele Jahre vergehen. Dazwischen liegt ein Leben als Postbeamter. Jetzt ist er angekommen, als rechte Hand des Pfarrers gewissermaßen. „Wenn man sich an genau die richtige Stelle gesetzt fühlt, das ist schon was!“
Die Bezeichnung Küster leitet sich vom lateinischen Custor ab, was so viel heißt wie „Wächter der Kirche“. Und dieser Wächterdienst ist extrem abwechslungsreich. Viele organisatorische Dinge gibt es zu erledigen und natürlich ganz normale Hausmeistertätigkeiten. „Was die Hausfrau im Kleinen macht, mache ich im Großen. Mit großem Putzwedel, großem Staubsauger und großer Putzmaschine.“ Ganz zentral ist die Vorbereitung der Gottesdienste – dabei ist jede Messe anders –, die Verantwortung für die liturgischen Gerätschaften und Gewänder und alles, was sonst noch dazu gehört. „Die Arbeit gibt eine schöne Ruhe, ist gewissermaßen auch innerlich“, findet Joachim Melcher. Die Sakristei ist nicht nur einer der Hauptarbeitsorte, sondern ebenso einer der Lieblingsplätze des Küsters. Neben dem Arbeitskeller. Das Gewölbe ist Aufbewahrungsort für allerlei Utensilien, von der Brennschale über Kerzen bis zum Messwein, und Werkstatt, für Blumen-schmuck inklusive. Joachim Melcher ist also auch eine Art Florist. „Die Sache mit den Blumen war für mich wie ein Sprung ins kalte Wasser. Aber es funktioniert“, erzählt er. An Vielseitigkeit fehlt es dem Küster von St. Martinus nicht; und er erledigt jede Menge Arbeiten, die die Gemeinde nicht sieht. Vieles von dem, was er für seinen Beruf braucht, hat er mitgebracht. Durch seinen Glauben, seine Erziehung und sein Engagement in der Kirche, das als Messdiener begann. Was er noch nicht wusste, hat er in berufsbegleitenden Kursen gelernt – in Liturgie, Gesangbuch- und Bibelkunde, Raum- und Altargestaltung, Gebäude-Instand-haltung und Inventarpflege.
Aber ganz davon abgesehen: Bei der Arbeit eines Küsters geht es um mehr als den Beitrag zur Liturgie, ein wachsames Auge auf den Zustand des Kirchengebäudes zu haben und für ein gepflegtes und harmonisches Interieur zu sorgen. Und das ist ja schon keine kleine Aufgabe. Ein Küster braucht viel feines Gespür für Menschen und Situationen. „Kirche ist nicht nur ein Raum, wo Messen gefeiert werden“, erklärt Joachim Melcher. Neben Gottesdiensten zu unterschiedlichsten Anlässen finden hier viele andere Veranstaltungen statt, beispielsweise Konzerte oder Kirchenführungen. Und natürlich ist Kirche immer ein Ort, an dem Menschen Ruhe suchen, einen Platz zur Besinnung.
„Die Kirche zieht viele Menschen an“, so der Küster, der eben auch Ansprechpartner und Kontaktperson und durchaus eine öffentliche Person ist, sozusagen eines der Gesichter der Kirche. „Bekannt wie ein bunter Hund, alleine aber schon deswegen, weil es diesen Beruf nicht so oft gibt“, lacht er, der an sechs Tagen der Woche arbeitet. Dabei ist der Sonntag nicht Ruhetag, sondern der Hauptarbeitstag. Eine Hauptsaison im Jahresverlauf gibt es für den Küster hingegen nicht. Auch abseits der großen Feste wie Ostern und Weihnachten ist stets etwas zu tun. In den Sommermonaten bleibt vielleicht etwas mehr Zeit für Handwerksarbeiten – in der Kirche gibt es dennoch immer Termine und Anliegen, die sich nicht einfach verschieben lassen.
Der ganz normale Arbeitstag endet für Joachim Melcher im Übrigen mit dem Abschließen der Kirche, zumeist um sieben Uhr abends. Auch an Sonn- und Feiertagen, wenn andere sich über einen freien Tag freuen. Er ist eben morgens der Erste in der Kirche und abends der Letzte. „Das Schöne an Kirche ist, gerade wenn man an ihr, in ihr und um sie herum arbeitet, dass man zu 90 Prozent mit Menschen zu tun hat, die das, wofür man arbeitet, wirklich wollen“, fasst der Olper Küster noch mal zusammen. Ein schöner Schlusssatz, woll!
Text und Foto: Birgit Engel
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