Echter Genuss direkt vom Bauernhof Kaiser

WOLL Sauerland Kaiser

„Hallo, Herr Kaiser“ ist ja ein geflügeltes Wort in unserer Sprache. Fast 90 Prozent kennen die Figur aus der Präsenter-Werbung eines Versicherungsunternehmens. Ebenso großen Bekanntheitsgrad – zumindest in der Attendorner Region – hat der Hof von Bernd Kaiser auf dem kleinen Weiler Keseberg bei Windhausen. Schlips und Kragen hängen hier allenfalls im Schrank. Das Landleben verlangt nach Gummistiefeln und robusterem Zwirn. Drei Genera-tionen leben bei Kaisers mit und von der Landwirtschaft unter einem Dach: Mutter Emma, Sohn Bernd und seine Frau Anne sowie deren Tochter Hermine, die in naher Zukunft noch ein Geschwisterchen bekommen wird. Dazu gehören noch eine Praktikantin im Freiwilligen Jahr und ein Lehrling. Denn der Grünlandbetrieb mit Milchviehhaltung ist auch Ausbildungsort.
Idyllisch ist es hier oben auf dem Keseberg. Saftige Wiesen und Weiden, Wälder und jede Menge Kühe, soweit das Auge reicht. Typisch Sauerland, woll! Der Name Keseberg leitet sich übrigens von der plattdeutschen Übersetzung für Kirsche ab. Oben auf dem Keseberg war früher Kirschenland. Der Hang zu frischen Früchten ist immer noch ganz offensichtlich. Nicht nur, weil Kaisers Garten im Spätsommer eine Menge Pflaumen oder Birnen liefert. Vor einiger Zeit hat Bernd Kaiser auch mehrere Obstalleen angelegt. Agrarökologische Aspekte sind ihm wichtig.
„Ich bin eine Art Spätberufener“, lacht der staatlich geprüfte Landwirt. Er ist das jüngste von vier Kindern und machte zunächst eine Tischlerlehre. „Der Beruf bot keine wirkliche Perspektive. Und um irgendwo auf der Strecke zu bleiben, war ich mir dann doch zu schade.“ So sattelte er um auf Landwirtschaft. Tatsächlich sollte sein ältester Bruder Hubertus ursprünglich in die Fußstapfen des Vaters treten. Aber er heiratete auf einen anderen Hof ein. Der zweite Bruder Engelbert hatte sowieso andere Pläne, ebenso Schwester Hildegunde. Ehefrau Anne freut’s. Sie hat schon als Kind bei Kaisers mit der Kartoffelernte ihr Taschengeld verdient. Und, wie sie sagt, bereits damals ein Auge auf Bernd geworfen. „Er ist meine Liebe und das Leben auf dem Bauernhof war immer mein Traum.“ Einige Jahre lang hat sie Kindergeburtstage auf dem Keseberg organisiert. Abenteuer pur, auch für Sauerländer Blagen. Mit der Geburt der Tochter wurde die Arbeit zu viel. Jetzt kommen noch gerne Kindergärten und Schulklassen auf den Hof.
Als Bernd Kaiser 1999 sein Examen in der Tasche hatte, stellte er auf Boxenlaufstall-Haltung um. Jede Kuh kann sich hier frei bewegen und hat ihren eigenen Liegeplatz mit spezieller Weichmatratze. Der Komfort dient der Tiergesundheit und damit der Milchleistung. Vor zwei Jahren wurde ein neuer Jungtierstall gebaut und im nächsten Jahr ist der alte, leer stehende Stall vom Vater an der Reihe. Anbindesysteme und Tränkebecken erinnern hier an frühere Zeiten.
80 Tiere mit Nachzucht – schwarzbunte und rotbunte Hol-steiner – leben bei Kaisers und sorgen für das weiße, leckere Naturprodukt, mit dem die Familie ihre Brötchen verdient. Tagsüber grasen sie auf den nahen Weiden, ansonsten gibt’s Heusilage vom eigenen Land und Pressschnitzel zu futtern – ganz ohne Genmanipulation. Und sollte eine Kuh krank sein, wird gerne mit Homöopathie behandelt. Für den täglichen Auf- und Abtrieb sorgen die Hütehunde der Kaisers. Der Großteil der Milch wird für Landliebe produziert, der Rest ab Hoftür verkauft. Die Direktvermarktung ist längst zum zweiten Standbein geworden. Immer mehr Menschen wünschen naturnahe Produkte für den echten, unverfälschten Genuss und das am besten aus der Region. Im Angebot sind noch frische Eier von rund 150 Hühnern sowie Weihnachtsbäume.
„Das Schöne an der Landwirtschaft ist, dass man vom Korn bis zur Ernte, von der Besamung bis zur Kuh und zur Milch hautnah dabei ist“, sagt Bernd Kaiser. „Man hat das volle Programm.“ Dass er viele Stunden draußen und im Stall verbringt, versteht sich von selbst. „Man unterschätzt jedoch die Zeit, die man am Schreibtisch verbringen muss“, räumt er ein. Dennoch, auch auf Freizeit legt der Landwirt, im Übrigen ein passionierter Jäger, wert. „Ein Hobby muss drin sein und auch ein Jahresurlaub, sonst hat man seinen Betrieb nicht ordentlich geführt.“
Das Wohnhaus, in dem die Familie Kaiser heute lebt, wurde 1854 gebaut. Damals wohnte ein Schreiner darin. Kinderlos geblieben vererbte er es an seinen Neffen Johann Keseberg, Großvater von Emma Kaiser und zweites von insgesamt neun Kindern des Franz Keseberg, der in direkter Nachbarschaft einen großen Hof betrieb. Nach Johann folgt im Stammbaum Engelbert Keseberg und dann dessen Tochter Emma, die schließlich den Dormecker Landwirt Gerhard Kaiser heiratete. „Ich war das älteste von drei Mädchen. Mein Vater sagte immer: sieh zu, dass du einen Bauern kriegst“, erzählt die heute 80-Jährige, selbst leidenschaftliche Landwirtin. Die Arbeit und das Leben mit mehreren Generationen unter einem Dach sind für sie der perfekte Lebensentwurf und so wichtig wie das tägliche Brot. Und in ihrer Küche ist es mit Kaffee und Kuchen auf der rotkarierten Tischdecke urgemütlich und heimelig. Die alten Wände könnten viel erzählen. Den Hof von Emma Kaisers Urgroßvater Franz Keseberg gibt es heute nicht mehr. Er fiel am 2. Januar 1969 einer Feuersbrunst zum Opfer und damit auch die Ahnentafel. Geblieben sind alleine noch zwei steinerne Silos und eine alte Scheune. Umgeben von Blumenrabatten und Selbstversorger-Bauerngarten bildet das alte „Schriener-Haus“ den Lebensmittelpunkt der Kaisers und eine malerische Kulisse. So geht bei Kaisers seit Generationen alles seinen Gang. „Man muss das Leben auf einem Hof lieben und mit dem Herzen dabei sein“, sagen sie. Dass sie das tun, davon kann sich jeder überzeugen. Zum Beispiel mit einem Einkauf bei Kaisers.


 
von Birgit Engel [Text/Fotos]
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