Bäckerfachschule Olpe

WOLL Sauerland Bäckerei

In der Lehrbackstube duftet es lecker nach frischem Brot, warm und heimelig. 14 angehende Gesellen stehen am großen hölzernen Tisch und Bäckermeister Maik Wegner zeigt mit fester Hand und flinken Fingern, wie man Teige lang- und rundwirkt und ein perfekter Laib entsteht. Neben der Backstube ist der Verkaufsraum, ein richtiges Geschäft mit Theke und kunstvollen Torten, Teilchen, Brot und Brötchen – täuschend echten Plastikprodukten. Hier lernen angehende Fachver-käuferinnen Warenpräsentation und Kundenberatung, wie man freundlich auf deren Wünsche reagiert oder Plakatschrift. Eine Tür weiter doziert Marketingfachfrau Eva-M. Lingemann über die richtigen Kommunikationsstrategien. „Normale Brötchen, das Wort gibt es nicht. Wir bieten qualitativ hochwertige Waren und so soll es auch kommuniziert werden.“
Wir sind in der Ersten Deutschen Bäckerfachschule des Bäckerinnungsverband Westfalen-Lippe in Olpe, hochmoderne Akademie und Ausbildungsstätte im Bäckerhandwerk für Lehrlinge, Gesellen, angehende Meister, für Fachverkauf, Verwaltung oder Führungskräfte. An die 2.000 Lehrlinge wurden hier im vergangenen Jahr überbetrieblich geschult und 124 Bäckermeisteranwärter aus ganz Deutschland auf die Meisterprüfung vorbereitet. Dazu wird Wissen in Bereichen vermittelt, die das Berufsbild ergänzen oder wieder neu entdeckt werden: Unternehmenscontrolling, Qualitätsmanagement, Kennzeichnungsrecht, Verkaufstraining, Rhetorik, Ernährungsberatung oder Foodfotografie, Kaffeespezialitäten, Holzofenbacken, Stollenspezialitäten, Feingebäck, Kleintorten und Desserts: Lang und lecker ist die Liste der Bildungsangebote.
Gegründet wurde die Erste Deutsche Bäckerfachschule 1926 in Bochum. Die Idee dazu hatte bereits 40 Jahre früher der damalige Landesinnungsmeister Christian Modersohn aus Lippstadt. Die Industrialisierung schritt immer weiter voran, die Gewerbefreiheit wurde endgültig umgesetzt. Die Aufgaben der früheren Zünfte hatten die Kammern und die Innungen übernommen, um eine organisierte Ausbildung und Qualitätssicherung zu gewährleisten und Traditionen und regionale Besonderheiten zu bewahren. Modersohn wollte eine noch intensivere Beschäftigung, Entwicklung und Verbreitung des fachlichen und wirtschaftlichen Wissens. Seinen Plan einer schulischen Bildung neben der eigentlich betrieblichen vertrat er mit westfälischer Zähigkeit. Mit Visionen beginnen eben die meisten Erfolgsgeschichten!

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Lehren und Lernen, wie der Einkauf zu einem echten Erlebnis wird


1943 fiel die Erste Deutsche Bäckerfachschule in Bochum einem Bombenangriff zum Opfer. Man zog nach Altena, zunächst in einen Wirtshaussaal, später auf die Burg und 1947 schließlich nach Olpe an den heutigen Standort in die ehemals von einem Strumpffabrikanten erbaute Villa Brink. Längst war sie im Besitz der Stadtverwaltung. Der notariell beurkundete Kaufpreis für das herrschaftliche Haus und das Grundstück von 7.500 Quadratmetern, auf den man sich in der Inflationszeit einigte: 300 Tonnen Weizenmischbrot.
Bei dem Aufbau der Schule in Olpe engagierte sich besonders der Obermeister und Stadtverordnete Löser aus Olpe. Und aus dem Umstand, dass man noch kein Internat hatte und sich für die Lehrgangsbesucher mit Privatquartieren behelfen musste, wuchs eine tief verwurzelte Beziehung zu den Bürgern der Stadt. Indes ist die Erste Deutsche Bäckerfachschule in der Kreisstadt bei Weitem nicht die einzige. Es gibt solche in Weinheim, Berlin, Dresden oder Lochham bei München. „Von der Anzahl der Seminarteilnehmer sind wir die größte. Was uns aber besonders macht, ist sicherlich, dass wir auch Trendsetter sind“, sagt Ulrich Jortzik, stellvertretender Schulleiter. Einer, der es vormacht, ist Diplom-Pädagoge und Bäckermeister Leo Trumm. Seit 1986 leitet der erfahrene Fachmann die Schule und hat sich längst als Holzofen-Papst einen Namen gemacht.
Kultur erhaltende Bäckerkunst gepaart mit neuen Verfahrensweisen und neuen Ideen am Puls der Zeit, traditionelles Handwerk weg von industriellem Tütenbrot und Convenience Food und der Bedienung neuer Trends, darum geht es in Olpes größter Backstube. Können, Wissen und Qualitäten, die ein erfolgreicher Bäcker braucht. Produktentwicklung von der Kalkulation über Ernährungsbesonderheiten bis letztendlich zur schmackhaften Vermarktung. Bekannt ist die Erste Deutsche Bäckerfachschule weit über die Landesgrenzen hinaus.
Seit 2004 vergibt man beispielsweise den Backwaren-Designpreis an Meisteranwärter, die dem Erfolg auf der Spur sind. Aus den Anfängen ist Jortzik eine Erdbeer-Buttercreme-Torte mit grünem Pfeffer in Erinnerung, traditionell und innovativ zugleich. Und tatsächlich finden wir den heute 36-jährigen Heinz Mohr ganz aktuell in der auflagenstärksten Tageszeitung im Großraum Köln als leuchtendes Beispiel für seine Handwerkskunst. „Bäcker macht man nur, wenn man Freude daran hat“, sagt Jortzik, der aus der Familientradition heraus den Beruf ergriffen hat. „Wenn man Erfolg hat, dann beginnt es, Spaß zu machen.“ Dennoch, der Bäcker um die Ecke hat es schwer. Auch wenn heute die Kundschaft generell kritischer wird und nach Produkten sucht, die nach individuellen Rezepturen und mit wertvollen Zutaten schmackhaft verarbeitet sind. Groß ist die Konkurrenz von industriell gefertigten Waren, die für kleineres Geld im Super-markt zu haben sind. „Wir können nur versuchen, besser zu sein. Billig sein können wir nicht. Der Kunde muss die Qualität schmecken. Dann haben wir alle Chancen der Zukunft.“
Überhaupt: Die Vielfalt und der Ideenreichtum, wenn es ums Brot geht, sind in Deutschland einzigartig. Dass es hier mehr als 2.700 Brotkreationen gibt, findet Jortzik einfach nur begeisternd. „Wir haben eben kein Industrie-Einheits-Sortiment. Die unglaubliche Regionalisierung mit jeweils völlig unterschiedlichen Produkten ist das Entscheidende und Fantastische.“ In Schleswig ist das Schwarzbrot Tradition. Richtung Holland mag man es weizenbetont und mild. Auch auf der Schwäbischen Alb bliebe das Paderborner im Regal liegen. Die Sachsen stehen auf Roggen. Und wir? Wir verlangen nach geschmackvoll kräftigem Brot: Mehrkornbrote, gerne herzhaft dunkel und mit Röstaromen. Es darf auch mal ein bisschen säuerlich schmecken, woll!
Text/ Fotos: Birgit Engel
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