Historisches: Der Zeppelin über dem Sauerland

Historische Anzeigen - Attendorn - Attendorner Volksblatt

Aus dem Archiv des „Attendorner Volksblatts“: Vor 100 Jahren
Winter 1913, wir blicken wieder einmal 100 Jahre zurück in unserer kleinen Serie. Das Attendorner Volksblatt aus dem Verlagshaus Frey berichtet von einem säbelrasselnden Kaiser Wilhelm – ja, das hatten wir schon – aber so wird es die nächsten vier Jahre wohl noch weitergehen: Säbelrasseln, das konnte er eben besonders, der Mann mit stolzem Bart und lahmem Arm. Und auf die Jagd gehen, nach Schlesien, nachdem er sich in Kiel noch von frischen Kriegsmarine-Rekruten hatte bejubeln lassen, das konnte er auch, im November 1913.

Historische Anzeigen - Attendorn - Attendorner Volksblatt

Beim Stöbern in den 100 Jahre alten Ausgaben des Attendorner Volksblattes findet man manches Kuriosum.


In Attendorn geht es derweil heroisch, aber doch recht beschaulich zu. Soeben „ist 1813 mit ehernen Griffeln“ als Jubeljahr in die Geschichte der Hansestadt eingetragen worden und es wird daran erinnert, wie Jérôme, König von Westfalen und Bruder Napoleons, auf der Flucht von Kassel nach Köln vorbeikam. Die westfälischen Reiter der „Gardedukorps“, die ihn begleiten mussten, wurden ganz in der Nähe der Stadt von verfolgenden russischen Kosaken gefangen genommen. Kurz darauf, am 14. November 1813, bezog ein ebenfalls russisches Lazarett-Kommando die Stadt, um erst am Heiligabend wieder abzuziehen. Im selben Jahr wurde außerdem die Attendorner Stadtmauer abgebrochen und die Grundstücke waren als Gärten zu erwerben.
Ebenso haarsträubend die Schlagzeile über den fröhlichen Tierbändiger, der in Küstrin an einer Knabenschule „samt einem Neger“ den Kindern eine Löwin vorführt, die sogleich Reißaus nimmt und im Schulflur einen der Pimpfe mit der Pranke umhaut – nur gut, dass einige Maurer im Hause sind und das Raubtier so eben noch vergraulen können. Schlimmer ergeht es da dem Bergmann Peter Börcher, der in Unna von seinem wütenden Ziegenbock angefallen wird und bereits am nächsten Tage im Krankenhaus dem Herrgott seine arme Seele empfehlen muss.
In Rhode treffen sich die Arbeitervereine zur Fahnenweihe, die katholischen natürlich. Nicht minder widerborstig, zudem nahezu heidnisch, präsentieren sich die Roten mit ihren Kalendern, die am 10. Dezember „von Genossen an einzelnen Fabriken den Arbeitern in die Hand gegeben“ wurden. Vor den roten Broschüren sei gewarnt! „Man überliefere sie der Vernichtung!“ Nichtsdestotrotz legt sich der Verleger auch mit den Arbeitgebern an. So verkündet eine Meldung vom 26. November, dass das Schöffengericht den Fabrikanten Eberhard Sohler (Betreiber einer Fabrik bei Listernohl und erster Mann im ganz frühen Arbeitgeberverband des Kreises Olpe) zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung des Redakteurs des Attendorner Volksblattes verdonnert hat.
Ansonsten veranstaltet Pater Elpidius aus Werl einen dreitägigen, flammenden Kreuzzug in Olpe, um „hierselbst die Alkoholfrage zu erörtern“, mit großem Finale samt Diskussion im Gasthof „Zum Schwanen“. Allerdings folgt am 12. Dezember direkt der Krawall des „Deutschen Abwehrbundes gegen die Ausschreitungen der Abstinenzbewegung“, die aber so ziemlich im Sande verläuft.
Zeppelin über Attendorn

Zeppelin über dem Torenkasten in Attendorn 1929


Hauptmann a. D. von Amelunxen hält Schulvorträge zur ungeheuerlichen Bedeutung der Deutschen Kolonien in Afrika und die Münchener Ärztin Frau Dr. Emanuele Meyer – eine Konvertitin, so extra vermerkt! – einen Vortrag zu „Gottesruf, Menschheitsruf, Glücksruf“ auf Einladung des Müttervereins im großen Saal zu Olpe. Nach zweieinhalb Stunden der spannenden Unterhaltung gibt es donnernden Applaus.
Nun, es sei vielleicht noch angemerkt, dass ein Einwohner auf der Mühlhardt am 28. November um Mitternacht durch ungestümes Klopfen aus dem Schlaf gerissen wird. Seine Sau, die er am Nachmittag zum Decken nach Sange gebracht hatte, steht mit brennendem Heimweh vor der Tür und hat anscheinend nicht den Eber fürs Leben gefunden. Und zum Abschluss nun noch einmal die Hacken zusammen!
Erstens: Der Dampfer „Louise“ hat mit feiner, kleiner, geladener Gesellschaft als erstes Schiff den Panama-Kanal durchfahren!
Zweitens: 10. Dezember 1913. „Der am hiesigen Gymnasium angestellte beurlaubte Oberlehrer Kölzer, der während seiner Übung bei der Luftschifferabteilung in Köln veranlasste, dass in diesem Frühjahr das Zeppelinluftschiff nach hier fuhr, ist zum Leiter des öffentlichen Wetterdienstes für die Militärluftschiffahrt in Berlin ernannt worden.“ Sapperlot.

Das online Stadtmagazin „Attendorner Geschichten“ ist ebenso wie das Hochglanzmagazin für die Sauerländer Lebensart „WOLL – Rund um Biggesee u. Listersee“ aus dem Hause FREY PRINT + MEDIA GMBH – der Druckerei und dem Medienhaus vor Ort in Attendorn.