SGV Drolshagen reloaded

WOLL Sauerland SGV Drolshagen

Nein, Hape Kerkeling habe ihn nicht neugierig gemacht, sagt Reinhard Heer. Im Mai war er auf dem Jakobsweg, genauer gesagt: auf dem bekanntesten Teil davon, dem Camino Francese. Und im Juli ist er wieder in Spanien, allerdings auf einer anderen Route. „Überall, wo Pilger aufbrachen, sind Wege entstanden. Wer im Sauerland sagt, hier geht der Jakobsweg her, gut und schön. Er geht im Grunde überall her.“
Auf seinen vielen Reisen in die Toskana, oder vielmehr mit der Via Francigena –
eine der bedeutendsten Pilgerstraßen überhaupt, die ganz ursprünglich von Trier nach Rom führte –, entdeckte er sein Interesse für diese Wege. „Auch Karl der Große ging diese Straße, um sich in Rom zum Kaiser krönen zu lassen. Das hat mich neugierig gemacht.“
Der 69-jährige Drolshagener hat viel zu erzählen; man kommt schnell vom weltweiten Pilgern zu Napoleon vor den Toren des kurkölnischen Sauerlandes bis zu den Hexen in Drolshagen. Und er macht sich oft auf die Socken – denn das ist sein Metier. Früher war er bei den Pfadfindern, als solcher viel in der Natur, im Übrigen immer schon interessiert an Geschichte und ein Mensch, der aktiv ist und stets etwas um die Hand haben muss.
Seit 1992 ist er Vorsitzender des SGV Drolshagen, ließ mit einigen wenigen anderen diese traditionsreiche Abteilung des Sauerländer Gebirgsvereins wieder aufleben, die 1892 gegründet wurde und dann 1957 in einen Dornröschenschlaf fiel. „Wir haben versucht, von Anfang an deutlich zu machen, dass dieser Verein einen anderen Geruch bekommen muss“, sagt er und stellt fest: „Da war ich dann SGVer.“ Und dabei ist er geblieben.
Heute, über 20 Jahre später, befindet man sich längst auf neuen Wegen abseits von eingetretenen Pfaden. SGV reloaded! Weg vom muffigen Knickerbocker-Image mit Butterbrot und Ther-moskanne, spießigem Wanderstab und Filzhut. Mit neuen Impulsen hin zu einem positiven und modern aufgeweckten Aussehen, lautet die Marschrichtung.
In der Tat, Wandern hat sein kleinbürgerliches Image schon lange verloren, das Bild sich gründlich gewandelt. „Im Frühtau zu Berge“ und „Das Wandern ist des Müllers Lust“ singt kein Mensch mehr! Doch die Art der Fortbewegung ist heute wieder ganz im Trend. Auch bei jungen Leuten. Zurück zur Natur! Heißt aber nicht, dass sich die Vereine mit Heerscharen jungen Blutes rühmen können. Binden will sich heute kaum noch jemand.
Muss auch nicht. „Wir sind bewusst offen. Jeder kann mitkommen und sich uns anschließen“, betont Reinhard Heer. Indes freut sich der SGV Drolshagen über 250 Mitglieder bei einem Altersdurchschnitt von 48 Jahren – immerhin. „Sehr gut für den SGV. Ich bin einer der Ältesten“, rechnet er. Die Jugend mitzunehmen sei allerdings schwierig, muss er einräumen. Auch da suche man neue Wege.
An Ideen fehlt es ansonsten nicht. „Das Wandern ist nach wie vor unser Kerngeschäft“, erklärt der Vereinsvorsitzende, „aber nicht stur von A nach B.“ Nein, das ist doch viel zu langweilig. Vielmehr wolle man den Horizont erweitern, etwas erleben, seine Nase irgendwo reinstecken, Lukullisches genießen und sich auf den Spuren der Geschichte bewegen.
„Das Sauerland ist voll davon. Es gibt etliche Ecken, die weithin unbekannt sind, und viele interessante Menschen, mit denen man ins Gespräch kommen kann.“
Wandern mit dem SGV Drolshagen hat viele Gesichter: Speedhiking für sportliche Geher, Genusswandern für Senioren, historische Wanderungen, kulinarische Wanderungen, Wandern für Frühaufsteher „wenn der Hahn kräht“ oder als Städtetour. „Auch in Großstädten kann man wandern, abseits typischer Touristenwege.“
Neu ist „After-Work-Wandern“, nach Amtsstube und Office und für all jene, die den Tag auf dem Schreibtischstuhl verbringen. „So mancher möchte sich gerne bewegen, hat aber keine Motivation. Mit uns kann man den Büromief ausdunsten lassen.“
Und dann gibt es schon lange die Nordic Walker sowie daneben seit vier Jahren die Mountainbiker: den sportlich orientierten „Trupp Harmonie“ und die gemütliche „Cappuccino-Truppe“. Einfälle haben die Drolshagener … Dabei bleibt man nicht nur in der Region, sondern ist auch anderweitig unterwegs, angefangen vom Ahrtalradweg bis zur Alpenüberquerung – Mountainbiken vom Feinsten.
Wir gesagt, bald macht sich Reinhard Heer wieder auf die Socken. Dann leitet er die Jakobs-Tour von Madrid nach Santiago de Compostella. „Aber nicht als klassische Pilgerfahrt, sondern auf ausgewählten Strecken mit ausgesuchten Eigen-tümlichkeiten.“ Die Auslands-Exkursionen veranstaltet der SGV Drolshagen im Übrigen für die SGV-Wanderakademie. Auch hier ist jeder willkommen. Auf Heers letzter Tour waren alleine 14 Wandervögel aus Drolshagen dabei.
Welche Stadt ihm in Deutschland, Europa oder weltweit am besten gefällt? Da muss der SGVer überlegen. Es gibt ja so viele … Und welche Region? Auch da muss er passen. Und nach etwas Zögern: „Ach wissen Sie, ich bin Sauerländer“.


Text / Foto: Birgit Engel
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