Natalie Solbach-Schmidt und der Rallye-Sport

WOLL Sauerland Rallye

Der wohl bekannteste deutsche Rallye-Pilot und Doppelweltmeister Walter Röhrl hat einmal gesagt, man erkenne jemanden, der richtig schnell mit dem Auto unterwegs ist, an den Fliegen, die bei ihm nicht vorn, sondern an der Seitenscheibe kleben. Das ist auch ganz nach dem Motto von Natalie Solbach-Schmidt aus Olpe: Quer ist mehr.
Dabei ist der Rallye-Sport im öffentlichen Ansehen etwas ins Hintertreffen geraten, weil anscheinend viele Leute glauben, man könne eine solche Hetzjagd in der freien Landschaft nicht mehr gut mit der allgemeinen Umwelt-Diskussion in Einklang bringen. Aber mit der Rallye ist es wie mit dem Rennsport: Die Entwicklung sicherer Fahrzeuge mit vernünftigen Bremsen und Fahrwerken wird halt auch im Motorsport vorangetrieben.
So ist das Ansehen der Schotter-Spezialisten in Nordeuropa ungleich größer – bis hin zum echten Volkssport in Skandinavien. Aber auch in Deutschland tummelt sich die Szene und der Nachwuchs rekrutiert sich aus Serien wie der Youngtimer-Trophy, in der auch die 27-jährige Olperin seit 2010 schon sehr schnell unterwegs war. Im letzten Dezember durfte sie in Dortmund das Silberne Ehrenzeichen des ADAC für hervorragenden Leistungen im Motorsport entgegennehmen.
In einer Rallye kann ein Team nur dann erfolgreich sein, wenn alle Mitglieder aufeinander eingeschworen sind. Im Drensteinfurter „Head on Wheels“-Team Tenberge, kurz „HOW“-Racing-Team, funktioniert das: In der Youngtimer-Trophy der Vorjahre mit dem Golf II GTI genauso wie nun mit dem BMW E36 Compact M 3, der abgespeckt und mit 286 PS an den Start geht.

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Natalie Solbach-Schmidt beim Anlegen des „Gebetbuches“. Man muss sich penibel auf den Streckenverlauf vorbereiten, sonst hat man im Wettbewerb keine Chance. Jede Kurve mit ihrem Radius, jede Strecke, jeder Belag, alles ist aufgezeichnet und wird dem Fahrer im Verlauf der Rallye punktgenau „heruntergebetet“.


Natalie Solbach-Schmidt besitzt inzwischen die Internationale C-Lizenz, mit der sie als Beifahrerin bei allen Veranstaltungen starten darf. Und das darf man nicht vergessen: Der Fahrer kann nur so schnell sein, wie es ihm der Beifahrer exakt vorgibt, denn es ist eine gehörige Portion Blindflug dabei, wenn man möglichst schnell durch die Kurven kommen will. Dazu wird der genaue Aufschrieb zum Streckenverlauf gebetet – und dabei sollte man nicht durcheinanderkommen. Sagt der Bei-fahrer vor der scharfen Linkskurve nur einmal eine schwache an, dann ist die Fahrt vorbei, von möglichen Folgen außer dem Ausritt ins Gemüse ganz zu schweigen.
Bis jetzt hat das immer funktioniert. Und gemeinsam mit ihrem Fahrer Stefan Schultes konnte das Team 2011 bei der Rallye Bad Emstal sogar einen Gruppen- und Klassensieg einfahren, mit Gesamtplatz 15. Wie gesagt: im deutlich unterlegenen Golf II GTI unter Allrad-Boliden und Porsche Carrera …
Für die aktuelle Saison wurde nun in die Klasse der Euro Rallye Trophy gewechselt. Mit dem BMW M 3 wollte das Team in diesem Jahr eigentlich erst einmal antesten, wie es sich so mit dem Heckantrieb bei fast doppelter Leistung im Vergleich zum Golf angehen lässt. Dennoch rauschten die beiden bei der Rallye Kempenich direkt auf den 10. Platz unter 63 Startern, wiederum zahlreiche Allrader darunter, womit sie mehr als zufrieden sein konnten.
Für die Zukunft kann man also noch einiges erwarten, obwohl Natalie Solbach-Schmidt nicht ohne Sorge nach vorne schaut: „2014 sollen die H-Klassen abgeschafft werden. Das sind mit den alten Opel Kadett, Golf und Co. genau jene Läufe, auf die sich viele der echten Rallye-Fans freuen, weil es da noch so wie früher zur Sache geht.“ Wenn das passieren sollte, dann verliert dieser Traditionssport ein wichtiges Profil.
Apropos Traditionssport: Die erste Rallye war die Monte Carlo im Jahre 1911. Aus dieser Zuverlässigkeits- und Geschicklichkeitsfahrt, zu der sternförmig aus ganz Europa die Fahrzeuge anreisten, ist dieser Sport, der bis heute so viele Freunde hat, entstanden. Dabei gehen üblicherweise die Fahrzeuge nicht wie im Rennsport gegeneinander, sondern hintereinander an den Start. Auf dem Kurs geht es immer wieder in die Wertungsprüfungen, wo die Punkte gesammelt werden. Außerdem müssen die Zeitvorgaben dazwischen penibel eingehalten werden, denn ein erheblicher Teil der Strecke wird im regulären Straßenverkehr bewegt, weshalb die Fahrzeuge natürlich zugelassen sein müssen. Auch hier verlässt sich der Fahrer ganz auf seinen Copiloten, denn das „Gebetbuch“ auf den Knien muss er alles möglichst exakt voraussagen: Straßenbeläge, Kurven, Kuppen, Tempolimits, Richtungen, einfach alles! Nur, wenn dort praktisch kein Fehler gemacht wird, ist man vorne mit dabei. In den Wertungsprüfungen hingegen, die auf abgesperrten Teilstücken ausgetragen werden, geht es wieder ganz nach dem Motto der Motorsportlerin aus Olpe: Quer ist mehr. Und wer mehr erfahren möchte: www.how-racing.de.
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In den exakt vorgegebenen Service-Zeiten kommt das Wartungsteam zum vollen Einsatz: Ohne Christoph Spanke, Dirk Mathmann, Paul Tenberge, Sebastian Klein und Sebastian Kimmina wäre an einen Erfolg nicht zu denken.


Text/Foto: Achim Gandras
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