100 Jahre Prinzengarde in Attendorn

WOLL Sauerland Prinzengarde Attendorn

Wenn zur Karnevalszeit in Attendorn Gardisten in blauer Uniform durch die Straßen der Hansestadt marschieren und ihr Gardelied schmettern, dann ist meis-tens Prinz Karneval nicht weit. Seit 100 Jahren begleitet die Prinzengarde Atten-dorn von 1913 nun schon die Karnevals-prinzen. Die Gardisten wissen, was es heißt, einem Prinzen die Session so angenehm wie möglich zu gestalten.
Karneval in Attendorn ist eben etwas Besonderes. Das stellt jeder Besucher leicht fest, wenn er statt „Helau“ und „Alaaf“ den heimischen Schlachtruf „Kattfiller“ vernimmt. Und das war so: Es war im Jahre 1583, als Kurfürst Gebhard von Köln meinte, sein Erzbistum Köln zum protes-tantischen Glauben bekehren zu müssen. Nur: Er hatte nicht mit den sturen Sauerländern gerechnet, woll? So musste er wohl oder übel persönlich Stadt für Stadt im Sauerland überzeugen und ging dabei recht rabiat zur Sache. In Attendorn zerschlug er das kostbare Inventar des Sauerländer Domes und floh anschließend auf die nahe gelegende Burg Bilstein. Die Attendorner verfolgten ihn, belagerten seine Burg und eines Mittags, so die Sage, habe ein Attendorner Schütze den schlafenden Erzbischof im Fenster der Burg gesehen und auf ihn geschossen. Das Dumme war nur, dass nicht der Erzbischof getroffen aus dem Fenster fiel, sondern eine Katze, die dort in der Sonne gelegen hatte. Und so handelten sich die stolzen Attendorner den Spottnamen „Die Kattfiller“ ein, die Katzentöter. Und deshalb ruft man auch heute noch im Karneval in Erinnerung an dieses Ereignis: „Ein dreifaches Kattfiller!“
Vor diesem Hintergrund wurden bereits eine städtische Fastnachtsfeier auf dem Weinhaus am 10. Februar 1600 erwähnt und schon um 1825 erste Maskenumzüge in Attendorn gestaltet, woraus 1863, vor nunmehr 150 Jahren, der erste organisierte Veilchendienstagszug entstand. 1912 wurde dann die heute noch bestehende Karnevalsgesellschaft gegründet, die den Karneval nach rheinischem Vorbild nachhaltig so brillant entwickelte, dass Attendorn bereits 1938 als „Klein-Köln“ bezeichnet wurde.

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Zum 100. Geburtstag eröffnete die Garde am 5. Januar 2013 eine Ausstellung im Südsauerlandmuseum.


Als älteste Gruppe nach der Vereinsgründung 1912 entstand ein Jahr später die Prinzengarde, die sich zunächst als Beglei-tung des Prinzen Karneval verstand und in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg brav den jeweiligen Prinzenwagen flankierte. Darüber hinaus durften die Gardisten allenfalls beim offiziellen Gruppenfoto mit aufs Bild, mehr war damals nicht drin. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Mariechen der Garde auch noch ein Mann, weil ein Mädel in dieser Rolle nicht erlaubt war.
Erst in den Jahren nach 1948 entwickelte sich eine „neue“ Prinzengarde: So gab es 1951 das erste weibliche Mariechen, fünf Jahre später studierte man den ersten Gardetanz ein, ganz nach Kölner Vorbild.
Das Vorbild der Karnevalsmetropole Köln und seiner Prinzen-garde, die übrigens nur sechs Jahre früher gegründet wurde, galt fortan wie ein Gesetz. Straffe, fast militärisch anmutende Organisationsstrukturen sorgten dafür, dass die Prinzengarde stets ein Aushängeschild der Karnevalsgesellschaft war, zumal sich die Gardisten untrennbar mit dem Prinzen Karneval in seiner Rolle als Hauptrepräsentant allen karnevalistischen Brauchtums verbunden wussten.
Mit der Gründung einer Traditionsgarde 1992 und der damit verbundenen Einbindung der ehemaligen Gardisten kam ein völlig neuer Schwung in die Truppe. Alt und Jung lebten nun ihren Traum von der Prinzengarde gemeinsam. Hieraus ent-standen in den letzten 20 Jahren Initiativen, die keiner für möglich gehalten hätte. Viele Familien treffen sich seitdem regelmäßig während des gesamten Jahres, hinzu kommen Gemeinschaftsveranstaltungen aller Gardisten, die ein unbeschreibliches Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen ließen. So zählt die Prinzengarde im 100. Jahr ihres Bestehens mittlerweile über 60 Gardisten, die während der Karnevalssession immer wieder gekonnt für glanzvolle Auftritte sorgen. Darüber hinaus ist die Garde während des ganzen Jahres in der Stadt präsent. Letztlich wurde dies zum Jubiläumsball am 26. Januar mehr als deutlich, als die Attendorner Stadthalle mit 1.500 Gästen restlos ausgebucht war. „Klein-Köln“ feierte halt seine Prinzengarde.
„Tradition wird blau geschrieben“, so hieß das Motto zum 100. Geburtstag. Und hier schließt sich der Kreis: Tradition und Attendorn gehören zusammen wie der Prinz zum Karneval. Dass dies auch in den nächsten Jahren so bleiben möge, kann man der Attendorner Prinzengarde nur wünschen.
von Otto Höffer [Text], Andrea Vollmert u. Stadtarchiv Attendorn [Fotos]
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