Die Olper Palottiner

WOLL Sauerland Pallotti

Dass der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. das Kirchenjahr zum „Jahr des Glaubens“ ausgerufen hatte, ist (k)eine Randnotiz. Die Kreisstadt erwartet ein solches ohnehin: Die Franziskanerinnen feiern ihren 150sten Geburtstag und die Pallottiner das 50-jährige Jubiläum der Heiligsprechung ihres Stifters Vinzenz Pallotti.
Mit beiden fühlen sich die Olper eng verbunden, oder, um den Vergleich von Bürgermeister Müller zu bemühen: Rom wurde auf sieben Hügel gebaut, das Leben in Olpe wird von drei Hügeln bestimmt – dem Ümmerich mit dem Schützenfest, dem Kimicker Berg mit den Franziskanerinnen und dem Osterseifen mit den Pallottinern.
Rom, das ist die Heimatstadt von Vinzenz Pallotti (1795–1850). Hier lebte er, hier starb er und hier liegen die Wurzeln der weltweiten Gemeinschaft. Sein Leichnam wird in einem Glassarg in der Kirche San Salvatore in Onda an der Ponte Sisto aufge-bahrt. Die Kirche und die an sie angeschlossenen Gebäude sind seit 1846 offizieller Sitz der Pallottiner.
Es waren übrigens Handwerksgesellen auf der Walz, die die Vision Pallottis nach Deutschland brachten. Auf ihrer Wanderschaft suchten sie in Rom Unterkunft und geistige Begleitung. Die Römer schickten sie zu den Pallottinern – so wie jeden, der Unterstützung oder Hilfe suchte.
„Wenige Jahre nach seinem Tod wurden die Pallottiner von den römischen Bürgern auch die ,Patres der Canaille‘ genannt, zuständig für alle, bei denen es im Leben schief gelaufen war“, erzählt Pater Rektor Otmar Steinebach. „Bei den Hand-werksburschen hat Pallottis Idee dermaßen eingeschlagen, dass auch sie mitmachen wollten“, begeistert er sich für die Geschichte.
Mitmachen, das ist die ebenso schlichte wie alles umschreibende Vision Pallottis. Er war ein christlicher Rebell, ein wenig „verrückt“, wie die Pallottiner sagen. Seine Ideen waren revolutionär – damals sowieso – und kommen selbst heute noch für so manchen allzu modern daher.
Pallotti distanzierte sich von einem autoritären Kirchenbild. Er wollte eine lebendige Gemeinschaft, in der alle Gläubigen unabhängig von Herkunft, Stand und Lebens-geschichte gleichberechtigt zusammenar-beiten und ihren Beitrag in der Kirche und der Welt leisten. Mit Hierarchien hatte er nichts am Hut, kannte keine Konventionen, scharte mit Leidenschaft und charismatischem Ehrgeiz Menschen aller Couleur um sich und lud sie ein, mitzuwirken. Dies führte schließlich zur Gründung der Vereinigung des Katholischen Apostolats, kurz UNIO oder UAC, in der sich Priester, Brüder und Laien, Männer und Frauen zusammenfinden.

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„Pallotti verbindet“: Christoph Scheppe (UAC), Pater Rektor Otmar Steinebach (SAC) und Georg Hunold, Geschäftsführer des Jugendhofs.


Um die Konstellation abschließend zu klären: Die Patres und Brüder sind als Gesellschaft des Katholischen Apostolats, kurz SAC, Bestandteil der UNIO. Sie sind kein Orden, binden sich durch kein Gelübde, sondern durch ein Versprechen und eine Weihe.
Aber zurück nach Olpe. In diesem Jahr gibt es ein großes Jubiläumsprogramm rund um die Hauptperson und seine Idee und genau deswegen auch mit einem offenen Blick auf die Bedürfnisse, Fragen und Nöte der heutigen Zeit. Gestaltet wird es in weiten Teilen – eben ganz pallottinisch – von Laien. Wer keine Zeit hat, für den gibt es Pallotti im Netz unter www.heute-heilig.de.
Vier Patres leben noch im Osterseifen: Otmar Steinebach (72), Herbert Joppich (81), Bernd Hartwig (68) und Christoph Hammer (36) – zur Miete. 2008 wurde nämlich das Pallottihaus
verkauft und zum WohnGut Osterseifen umgestaltet.
Das Haus hat im Laufe seiner fast 100-jährigen Geschichte so manchen Wandel erlebt. Ursprünglich als Hochschule geplant, dann aber verworfen, wurde es 1925 als Noviziat und Exerzitienhaus errichtet. 1967 schloss das Noviziat, es folgten Jugend- und Erwachsenenbildung, Heimvolkshochschule und später dann ein geistiges Zentrum. Ein dunkles Kapitel war die Beschlagnahmung durch die Gestapo 1941. Aus dieser Zeit rührt eine enge Freundschaft zu den Dumickern, die damals wichtige Schriften im Stroh versteckten.
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Das eigentliche Pallottihaus wurde 1925 fertiggestellt. Bereits 1915 entstand das Ökonomiegebäude der Olper Pallottiner-Niederlassung, an dessen Stelle sich heute der Jugendhof befindet.


Als die Pallottiner ihr Haus verkauften, knüpften sie dies an die Bedingung, dass der Jugendhof, der zwar als GmbH strukturiert, aber untrennbar mit der Gemeinschaft verbunden ist, sowie die Seelsorgearbeit weiter bestehen konnten. Und so halten die Pallottiner wie eh und je die Sonntagsgottesdienste in Dumicke und Frenkhausen, es gibt Exerzitien und Einkehrtage – wenn aufgrund der räumlichen Veränderungen auch outgesourct – und im Osterseifen täglich die heilige Messe sowie Beicht- und Ausspracheangebote.
„Trotz aller Unsicherheiten, die das Haus betreffen, ist die seelsorgerische Arbeit immer konstant geblieben. Im Grunde eine Insel der Beständigkeit“, meint Georg Hunold, der „mit den Pallottinern groß geworden ist“ und heute den Jugendhof führt. Christoph Scheppe, Mitglied der UNIO und ehrenamtlich unterwegs, sieht es mit Blick auf den großen Zuspruch der Menschen aus der ganzen Region so: „Gerade mit der Vergrößerung der pastoralen Räume suchen die Leute einen festen Ort, an dem sie andocken, sich zu Hause und angenommen fühlen können“ und zitiert sinngemäß Pallotti:
„Wir können genau die gleichen Sachen tun wie die anderen, aber wir müssen es anders machen.“ Bis 2017 ist die kleine Kommunität erst einmal gesichert. Denn bis dahin hat man die Zusage der Provinzleitung und bis dahin laufen die Verträge zwischen WohnGut und dem Jugendhof.
Und dann – geht das pallottinische Licht in Olpe aus? „Wir legen großen Wert darauf, dass die Pallottiner, wenn irgendwie möglich und wenn auch nicht unbedingt im Osterseifen,
weiterhin in der Olper Gegend sein können“, versichert Pater Steinebach. Wie gesagt: Zwischen den Pallottinern und den Menschen der hiesigen Region besteht eine ganz besondere Verbindung. Im Übrigen gibt es hier besonders viele Berufungen. „Olpe ist auch dahingehend spitze“, findet der Pater.
von Birgit Engel [Text/Fotos]
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